Zur (sozialen) Arbeit an Klassenverhältnissen

Ein Beitrag zur Wiedereinführung von Klassenperspektiven in die Soziale Arbeit
Abstract

Ausgehend von einer ungleichen Verteilung sozialer Güter, deren Zugang für die Angehörigen bestimmter Gruppen leichter ist als für andere, markierte für Niklas Luhmann der Klassenbegriff das Verteilen des Verteilens: Letztlich geht es in dieser Diskussion [die mittels des Klassenbegriffs geführt wird, T.W.] immer um ein Problem der Verteilung von Individuen auf Einheiten, die dann ,Klasse‘ genannt werden, wobei die Verteilung der Individuen sich danach richten soll, was und wieviel auf sie verteilt wird. Wer viel erhält, ist in einer Klasse; wer wenig erhält in einer anderen. Der Klassenbegriff regelt, mit anderen Worten die Verteilung des Verteilens. Er bringt die Reflexivität (und damit auch die Änderbarkeit = Umverteilbarkeit) des Verteilungsprozesses zum Ausdruck (Luhmann 1985: 128). Klasse stellte demnach eine Semantik dar, mit der die Kontingenz von Verteilungsmustern zum Ausdruck gebracht werden kann. Wer also von Klasse, spricht, spricht nicht nur von sozialer Ungleichheit sondern immer auch von der Veränderbarkeit der herrschenden gesellschaftlichen Verhältnisse - von Umverteilung. Auch wenn Luhmann alles andere als ein ausgewiesener Klassentheoretiker war und dem Klassenbegriff eher skeptisch gegenübersteht, markiert das von ihm benannte Kriterium der Kontingenz von gesellschaftlichen Verteilungsprinzipien meines Erachtens einen entscheidenden Grund, die Klassenperspektive gerade heute und auch in der Sozialen Arbeit zu beleben.