Zur Kritik der sozialpädagogischen Familienhilfe
"Die Figur des Arbeiters, der in der Nacht
betrunken nach Hause kommt und die Familie
verprügelt, ist an den äußersten Rand gedrängt:
Seine Frau hat mehr als ihn
den social worker zu fürchten, der sie berät."
(Th. W. Adorno - Reflexionen zur Klassentheorie, 1972, S. 389)
I. Sozialpädagogische Familienhilfe als präventive Jugendhilfe?
Wenn man dem überwiegenden Tenor derzeitiger Selbstthematisierungen, wie sie sich zuhauf in Begründungen und Konzeptionen zur Institutionalisierung der sozialpädagogischen Familienhilfe (SPFH) finden, folgt, ist die SPFH die zeitgemäße Form offensiver, präventiver Jugendhilfe (in ambulanter Form). Daß hierin auch gerade das zentrale (Selbst-)Mißverständnis und der ideologische Kern der SPFH liegen, die allerdings aus Gründen, die detailliert zu diskutieren sind, von "der Praxis" weitgehend mitproduziert und gerade dadurch zum zentralen Einfallstor einer - sicherlich nicht in jedem Fall so gewollten - grundlegenden Wende der Jugendhilfepolitik im Sinne einer grundlegenden Re-Familiarisierung werden und eine bislang nicht gekannte Möglichkeit der Ausdehnung sozialer Kontrolle eröffnen, soll gezeigt werden. Was im Verständnis von Hilfe, Fürsorge und Erziehung auf Seiten der Sozialpädagogen und präventiven Ausgestaltung der Sozialisationsinstanzen daherkommt, erweist sich bei näherer Betrachtung als Bestandteil eines übergreifenden Prozesses der Sozialdisziplinierung, an dessem frühen Beginn schon der versuch stand, jenseits des Fabrik- und Arbeitlebens die familiale Existenz- und Disziplinform durchzusetzen (vgl. Treiber/Steinert 1980, S. 23 ff., insb. 40f.; Breuer 1986) - noch bevor die Jugendfürsorge flankierend "die Normalisierung des Lebenslaufs durch Ausgestaltung der Sozialisationsinstanzen und die lückenlose Erfassung und pädagogische Behandlung abweichenden Verhaltens" (Peukert 1986, S. 52) zu sichern suchte, um die Ende des 19. Jahrhunderts entstandene "Kontrollücke zwischen Schule und Kasernentor" (ebda, S. 310) zu schließen. Heute scheint es, daß die neuen und z.T. neuartigen sozialen Verteilungsprobleme politisch u.a. auch dadurch gemildert werden sollen, daß die gesellschaftliche Arbeitsteilung in ihrer geschlechtsspezifischen und -hierarchischen Form und damit "Familie" in ihrer patriarchalisch-hegemonialen Form neuerlich festgeschrieben und ideologisch abgesichert werden sollen - bei gleichzeitig erweiterten staatlichen direkten Zugriffsmöglichkeiten auf die Familie und in die Familie hinein. Den diesbezüglich vorläufig fortgeschrittensten Stand stellt die SPFH dar, bei der das Kurioseste noch nicht einmal ist, daß Familien unmittelbar und direkt staatlicher Kontrolle unterstellt werden, sondern daß eine Reihe von Familien und Pädagoginnen dies offenbar zu akzeptieren bereit sind.
1. Die Geburt der "modernen Sozialarbeit'' Mitte des 19. Jahrhunderts und einige auffällige Parallelen in der SPFH heute
"Der von Hartmut Dießenbacher (1984) mit der Suche nach den systematischen und historischen Ursprüngen seiner Profession auf die Reise geschickte Sozialarbeiter kommt nach einigen Umwegen an sein Ziel: Im Hamburger Stadtteil St. Georg findet er endlich die Geburtsstätte seiner beruflichen Existenz. Dort begann im Jahre 1849 der erste moderne Sozialarbeiter, Daniel Timm, seine berufliche Laufbahn beim Verein für Innere Mission ... Seine vielfältigen Tätigkeiten, das erkennt der Hobby-Historiker erst auf den zweiten Blick, lassen sich auf das Kernelement des Verteilens reduzieren: der 'moderne' Sozialarbeiter als Verteiler von Geld und guten Worten" (Müller 1987, S. 28). In der Rolle des Verteilers von Geld und guten Worten (wobei es Geld erst dann gab, wenn die guten Worte, die Appelle an die Tugenden eines christlichen Bürgers ihre Wirkung zeigten) knüpft der moderne Sozialarbeiter die filigranen Fäden von gesellschaftlicher Verhaltensnormierung und subsidiärer Existenzsicherung.
Dießenbacher, bei dem wir noch etwas verweilen wollen, beschreibt diesen Prozeß in Analogie zum Prozeß der Landnahme der europäischen Kolonialgeschichte als Prozeß innerer Kolonialisierung und Vermessung der weißen Flecken der soziokulturellen und psycho-sozialen Landkarte proletarischer Lebenswelten, die sich mit der Industrialisierung vor allem in den großen Städten unaufhaltsam ausbreiten (vgl. Dießenbacher 1984, S. 172 ff.). In England, der führenden Kolonialmacht jener Zeit, ist auch dieser Prozeß am weitesten fortgeschritten; und wie am Vorbild der kolonialen Landnahme zu studieren war, geht auch hier mit der Erforschung der fremden Kultur die Bekehrung der fremden Seele Hand in Hand (vg. ebda S. 172 f.). London ist europäischer Trendsetter: Im Jahre 1835 wurde hier die erste "city-mission" gegründet; "1848 waren ... rund 200 Stadtmissionare im Einsatz. Wie aus dem wilden Heiden ein zivilisierter Christ, so sollte in den großen Städten Europas aus dem proletarischen Heiden ein christlicher Bürger werden. Doch diese Verwandlung kann sich auf die Kraft des Wortes allein nicht gründen. Bemerkenswerterweise geht die Gründung der Stadtmissionen mit der Gründung von Statistical Societies zusammen. Zur Wirksamkeit des Wortes sind harte "facts" und präzise Beobachtungen über die Lebenswirklichkeit des Proletariers vonnöten" (Dießenbacher a.a.O. S. 173).
In Deutschland greift WICHERN diese Entwicklung auf bzw. importiert sie aus England, wo er sie anläßlich eines Besuches kennengelernt hatte. Wichern, Kandidat der Theologie, wird 1832 Lehrer an einer Sonntagsschule im Hamburger Stadtteil St. Georg, gründet im gleichen Jahr die Rettungsanstalt des "Rauhen Hauses" und tritt dem Besuchsverein bei. "Er zieht in die Elendsviertel und besucht die Bewohner in ihren Behausungen. Mit Entsetzen schaut er dort das Elend der gottlosen Heiden. Aus dieser Zeit stammen seine Aufzeichnungen über 'Hamburgs wahres und geheimes Volksleben', eine bemerkenswerte Art subproletarischer Ethnographie, die auch vor den intimeren Dingen der Armenfamilie nicht haltmacht. Unter dem Vorsitz desselben Mannes treten am 10. November 1848 im alten Gebäude der Patriotischen Gesellschaft sechzig Männer zusammen und gründen den Hamburger Verein für Innere Mission..." (Dießenbacher a.a.O, S. 174) - den Anstellungsträger des ersten, speziell für diese Tätigkeit ausgebildeten, hauptamtlichen und lohnabhängigen modernen Sozialarbeiters, D. Timm, der nach dreijähriger Ausbildung die Brüderschaft des "Rauhen Hauses" verläßt, um seine Arbeit als Armenbesucher aufzunehmen.
Dabei ist der Zeitpunkt keineswegs zufällig. 1847 ist das berüchtigte Teuerungsjahr mit einer sprunghaft steigenden Armutsbevölkerung, 1848 das deren Aufstände niederschlagende Revolutionsjahr, 1849 schließlich das Entbindungsjahr des ersten professionellen Armenpflegers in Deutschland. WICHERN, machtbewußt und aufgeklärt, wußte im übrigen um die Zusammenhänge und was die Stunde 1848 geschlagen hatte. "Er war Augenzeuge von Revolutionsereignissen in Berlin gewesen und überzeugt davon, 'hätte ich in solchen Städten wie z.B. Berlin solche christlich-kirchliche Arbeit (wie in London seitens der city-mission - F.P.) entwickeln können, (wäre) der Revolution ein Damm vorgebaut worden'" (Lord Ashley's Rede ..., Fliegende Blätter, Jg. 1848, Nov., S. 322 - zit. nach Dießenbacher a.a.O.). Allein: Aus den knappen Bemerkungen wird ersichtlich, daß in der 1. Geburtsstunde der modernen Sozialarbeit nicht nur Definitionsmächte am Werk waren, sondern auch einige Stückchen aus der Akkumulationslogik des Kapitals und deren hegemonialer Sicherung uraufgeführt wurden (vgl. Brunkhorst 1988, S. 295). Und vielleicht spielen die ja heute in der Diskussion um eine zeitgemäße präventive Jugendhilfe in der Form der SPFH auch eine wesentlichere Rolle als uns die Diskussion um Fachlichkeit weißmachen will, denn soviel scheint klar: Ob mit "Postfordismus" oder "Entstrukturierung", "Deregulation" oder "Flexibilisie-rung" bezeichnet, irgendetwas scheint in Fluß geraten zu sein und die Wahrscheinlichkeit ist groß, daß es bei der zweiten Erfindung der modernen Sozialarbeit wiederum um eine Reaktion darauf geht, daß die allseits konstatierten Individualisierungsschübe (Beck) der Akkumulationslogik des Kapitals folgend in einem in sich widersprüchlichen Prozeß die Subjekte aus ihren vorgefundenen und angestammten Herkunftsbedingungen herauslösen und so die Art, wie jemand im Alltag seine Individualität leben kann, gegenüber früheren Epochen der Moderne entscheidend verändert. Individualisierung meint in diesem Zusammenhang die Freisetzung der Individuen aus den selbst schon wieder zur Tradition der kapitalistischen Gesellschaft gewordenen sozialen Bezügen, wie sie durch Klassen, Familienformen und Berufsbindungen, regionale und soziale Milieus bereitgestellt werden können und historisch in Deutschland auch bereitgestellt worden sind.
Aber kehren wir noch einmal ins 19. Jahrhundert zurück. Als lohnabhängigem Armenbesucher fällt dem Stadtmissionar objektiv die Rolle zwischen Bürger und Armen zu, "seit das Bettelverbot dieselben nicht mehr direkt in Kontakt kommen läßt. (Dies hat sich - d. V.) dem Umstand zu verdanken, daß neben der öffentlichen eine privat organisierte Armenpflege an die Stelle der Bettel-Anarchie gesetzt worden ist" (Dießenbacher a.a.O). Die ersten modernen Sozialarbeiter ziehen als "Bettler zweiter Ordnung an die Tür der Reichen" und "die Gegensätze von Eigennutz und Gemeinnutz" verschmelzen "in der Brust des 'neuen Bettlers' zu geheimnisvoller Einheit. Das Eintreiben nutzt ihm, weil es seine Existenz rechtfertigt; dem Armen, weil es ihm Geld verspricht; dem Bürger, weil er den Bettler vom Halse hat. Jeder gewinnt auf seine Weise ... (Dießenbacher 1984, S. 375). Die Gelöstheit des Kommens und Gehens des Armenbesuchers zwischen bürgerlicher und proletarischer Lebenswelt verleiht ihm eine eigentümliche Form "kolonialer Macht" zu beiden Seiten; er ist von beiden abhängig, fühlt sich aber nicht an sie gebunden. "Das Terrain seiner Macht ist das Terrain von Geld und Seele. Beim wohlhabenden Bürger trachtet er ... über die Seele ans Geld zu kommen, beim Armen umgekehrt über Geld und 'Geldeswert' an die Seele. Er ist eine Art 'Kolonialer Grenzgänger' im Niemandsland zwischen Arm und Reich. Seine Identität ist stets prekär" (Dießenbacher 1984, S. 175 f.), aber dennoch machtvoll: Ohne wirklich reich zu sein, hat er dennoch reiche Spenden zu vergeben. Gleichwohl reicht das Geld nicht, alle Armut zu beheben. "Gerechtigkeit ist sparsame Verteilung an verschämte Arme" (Dießenbacher 1984, S. 378 f.).
Und damit diese nicht zu unverschämten Armen werden, bedarf es des klugen Wechsels zwischen den Kommunikationsmedien "Geld" und "guten Worten": durch Geld oder Geldeswert kann das äußere Elend gelindert werden, aber alles Geld wäre vergebens ohne den Sieg über den inneren Feind, die (falsche) Moral, die "Sünde", dem sich verweigern gegenüber dem Modernisierungsprozeß ..., weshalb das gute Wort oft mit aller Macht daherkommt. "Wichern selbst deutet den Zusammenhang an, daß materielle Unterstützung als Druckmittel dafür benutzt wird, um eine Gefügsamkeit, vielleicht Akzeptanz gegenüber den Werten einer ernstlichen und bürgerlichen Kultur zu erreichen. (...) Das Druckmittel kann sich in dem subtilen Mechanismus von Bitten-Geben-Danken-Gehorchen ausdrücken. 'Schon durch die äußere Gabe würden sich die Armen als solche erkennen, die abhängig geworden sind vom Herrn und ihm zu allem Gehorsam verpflichtet' (...) Die bürgerliche Armenpflege hat überdies Zucht und Strafe über die faule gottlose Armuth zu üben und Polizeigewalt gegen sie anzuwenden, wenn das Wort und die Zucht der Kirche nicht mehr ausreichen' (Wichern)" (Dießenbacher a.a.O., S. 176 - Hervorh. d.V.). Häufig scheint dies nicht nötig zu werden, denn Wichern ist sich seiner Sache - des ideologischen Einflusses und Wirkungsmechanismus - recht sicher: Wird sie "eine größere Macht üben über die Armen als die Polizei und der sittlichen Vollkommenheit gewachsen sein? Ja, die größte Macht ist die dienende und barmherzige Macht der Liebe, die zugleich Zucht ist ... Sie trägt den Stab Sanft und den Stab Wehe" (Wichern 1854, S. 306). Und nahezu unentrinnbar ist man dieser Liebe, die zugleich Zucht ist, ausgesetzt: "Sieh um dich her, in was für ein Haus du aufgenommen worden bist! Hier ist keine Mauer, kein Graben, kein Riegel! Nur mit einer schweren Kette binden wir dich hier, du magst wollen oder nicht, du magst sie zerreißen, wenn du kannst; diese heißt Liebe, und ihr Maß ist Geduld" (Wichern - Ansprache an das neu eintretende Kind, zit. nach: Brunkhorst 1988, S. 298).
Wenn wir die der Geburt der modernen Sozialarbeit inhärenten Momente sozialer Kontrolle - in heutigen Formulierungen - zusammenfassen, dann zielen sie darauf, "eine erzwungene durch eine freiwillige Folgebereitschaft zu ersetzen; die physische Existenz durch einen meta-physischen Existenzglauben zu erhöhen; Werte einer fremden gegenüber denen der eigenen Lebenswelt innerlich verbindlich zu machen; materielle Zuwendung mit immaterieller Hilfe und persönlicher Einwirkung zu verknüpfen. Dabei erstreckt sich das Bemühen auf folgende Bereiche: bürgerliche Arbeitstugenden: Arbeitswilligkeit, Sauberkeit, Ordnung, Sparsamkeit, Ehrlichkeit; christliche Zucht: Taufe der Kinder, Einsegnung der Ehe, Kirchenbesuche, Teilnahme an Bibelkreisen; innerweltliche Askese: gegen Wollust, Branntwein, Spiel und Völlerei" (Dießenbacher a.a.O., S. 176 - Hervorh. d. V.)
Ich habe Dießenbacher so ausführlich zu Wort kommen lassen, weil seine Schilderung der Konstitutionsphase moderner Sozialarbeit überraschend viele Parallelen aufweist zur jüngeren Geschichte und gegenwärtigen Situation.
Seit Ende der 60er Jahre vereinzelt und ab Beginn der 80er Jahre in großer Zahl (Schätzungen gehen von derzeit 2000 aus; vgl. BMJFFG 1989, S. 10) begeben sich wiederum (zu den schon vorhandenen Familienfürsorgerinnen, Jugendhelferinnen, Sozialarbeiterinnen der Allgemeinen Sozialen Dienste, Bewährungshelferinnen, Gesundheitsfürsorgerlnnen usw.) moderne Sozialarbeiterinnen in die Stadtteile und in die Familien: die sozialpädagogischen Familienhelferinnen. Auch sie verteilen Geld (oder geld-werte Leistungen) und gute Worte - natürlich nicht mehr so als schlichter Appell daherkommend, sondern als sozialpädagogische Hilfe, häufig in Form systemischer Familientheorie und -therapie gekleidet.
Auch geht es nicht mehr um christliche Tugenden. Ging es zunächst um die Vermeidung nicht zwingend (?) notwendiger Fremdunterbringung von Kindern und Jugendlichen, so schon bald darum, daß Problemfamilien durch umfassende Betreuung und Begleitung in ihren Erziehungsaufgaben, bei der Bewältigung von Alltagsproblemen, der Lösung von Konflikten und Krisen, im Kontakt zu Ämtern und Institutionen Hilfe zur Selbsthilfe gegeben werden sollte. Appelliert wird somit an eine säkularisierte Selbstdisziplinierung auf der Höhe der Zeit. Der geheime Lehrplan und pädagogische Code setzt sich, wenngleich mit therapeutischem Weichspüler versetzt, dennoch durch: Als wichtigstes "Arbeitsinstrument" der SPFH wird die zeitlich rhythmisierte und verläßliche Präsenz des/der Familienhelferln eingesetzt. In dieser regelmäßigen Anwesenheit dokumentiert sich gegenüber der - armen, unvollständigen, unter Problemdruck stehenden, subkulturellen, modernisierungsgeschädigten - "Familie" eine konkurrierende Perspektive der Lebensführung, die in ihren Alltag künstlich eingeführt ist und als (hegemoniale) Orientierung für sie sichtbar und greifbar wird.
Gleiche Prinzipien finden wir auch in den Anfängen der Entwicklung der "methodischen Sozialarbeit' - bezogen auf die Einzelfallhilfe bei Mary Richmond und in Hinblick auf die Gemeinwesensarbeit bei Jane Addams - im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts in den USA, auf die sich die SPFH gerne als Vorläufer und historische Wurzel bezieht (vgl. C.W. Müller 1990; Elger 1987). Mary Richmond entwickelte das "friendly-visiting", also den Hausbesuch, zu einem methodischen Hilfsinstrument - primär allerdings zum Zwecke der Informationssammlung, um Daten für die Entscheidung gewinnen zu können, ob eine um Hilfe nachsuchende Familie ein würdiger oder unwürdiger Fall war. Verbunden mit Elementen, die aus der Settlement-Bewegung kamen - ambulante Krankenversorgung in Elendsgebieten - entwickelte sich das methodische Instrument des Visiting weiter, indem es die Hausbesuche mit einem "Teaching" verbindet.
Aber schon in der Übertragung in die deutsche Sozialarbeitstradition durch Alice Salomon, die nach mehreren USA Aufenthalten ihr Buch "Soziale Diagnose" (1926) (z.T. als Übersetzung von Texten von Mary Richmond) veröffentlicht, vollzieht sich eine theoretische und praktische Verschiebung in Richtung "Pädagogisierung der Armut", indem neben die ressourcenerschließende fürsorgliche Arbeit die Beeinflussung der Haltung des Klienten, seine persönliche Beeinflussung als "Führungsaufgabe" der höheren Töchter und späteren Fürsorgebeamtinnen als eigentliche wesentliche Aufgabe hinzutritt, die sich auf den Willen des Klienten, seine Bereitschaft, einen Rat anzunehmen, einen Plan durchzuführen, eine bestimmte "rationale" Lebensweise zu praktizieren, richtet. Bedeutsamer aber noch ist vielleicht der Kontext, in dem das methodische Visiting gestellt ist. In Deutschland reiht es sich nahtlos ein in die Tradition des Armenbesuchs einer strukturellen und hoheitlich kontrollierten Armutsbevölkerung in proletarischen Ballungsgebieten, während es in den USA aus den Settlements heraus (die alle in Elendsgebieten in unmittelbarer Hafennähe lagen!) entwickelt wurde, zur Integration der immer neu ins Land strömenden Einwanderergruppen verschiedenster Nationalitäten und kultureller Traditionen und zum Zweck der Überwindung temporärer Arbeitsund Orientierungslosigkeit dieser im Prinzip hochmotivierten und hochmobilen Arbeitskräfte und Familien (vgl. C.W. Müller 1990, S. 4 ff.).
Vergleichbar zur heutigen Situation, in der man sich vielleicht nicht von ungefähr dieser Entstehungsgeschichte methodischer Sozialarbeit erinnert, ist das wahrgenommene hohe individuelle Risiko sowie das Fehlen bzw. die Erosion familialer und nachbarschaftlicher Hilfe- und Kontrollsysteme und - bei fehlender oder sich zurückziehender (sozial-)staatlicher Verantwortung für die Sicherung prekärer Lebenslagen - die Wahrnehmung der differenten Problemlagen primär als Anpassungsdefizite.
Das professionell-methodische Instrument und die Sozialagentur des "Visiting" bilden damals wie heute die Frontlinie der Auseinandersetzung um die Besetzung der ideologiesensiblen, außerhalb der direkt ökonomischer oder staatlicher Gewalt unterliegenden Bereiche individueller Sozialisation und sozialer Integration, in denen die zur Systemerhaltung notwendigen (familialen) Erziehungs- oder Betreuungsleistungen wie die kulturellen Deutungsangebote definiert werden.
2. Die Begründung der SPFH als präventive Jugendhilfe
Wenngleich es Sozialpädagogische Familienhilfe als einheitliche Praxis und einheitliche Begründung (noch) nicht gibt, sondern aufgrund unterschiedlichster Begründungen und Ausstattungen, Personalstandards und -qualifikationen und vor allem der unterschiedlichsten Interessen, die sich hier bündeln lassen, sehr divergierende Praxen vorherrschen, lassen sich Essentials festhalten, die den gemeinsamen Kern der sozialpädagogischen Familienhilfe charakterisieren: Sozialpädagogische Familienhilfe wird überwiegend als "Hilfe zur Erziehung in der Familie" und als "ambulante vorbeugende Form der Jugendhilfe auf der Basis der §§ 5, 6 JWG" gesehen. Sie beansprucht "die Stellung einer präventiven Jugendhilfeleistung" und soll "die Entwicklung der Minderjährigen und das Erziehungsverhalten der Erziehungsberechtigten" zu fördern suchen. Sozialpädagogische Familienhilfe setzt das Einverständnis (Freiwilligkeit), "im günstigsten Fall die Mitarbeit der Eltern minderjähriger Kinder voraus". Zielgruppe der sozialpädagogischen Familienhilfe sind "Familien mit zahlreichen Problemen, die den Ämtern für Familienfürsorge (den allgemeinen sozialen Diensten) seit längerer Zeit "bekannt sind" (Schmilz 1980, S. 74) bzw. "Multiproblemfamilien" mit kumulativen Belastungen ökonomischer, sozialer, biographischer Art (H. Nielsen 1990). Wesentliche Ziele in konzeptionellen Aussagen zur SPFH sind - allerdings neuerdings abnehmend und nur noch legitimatorisch eingesetzt (vgl. C.W. Müller 1990) oder generell als relativ unbedeutend dargestellt (H. Nielsen a.a.O.; Elger 1987, S. 13) - (teure) Fremdunterbringung von Kindern / Jugendlichen zu vermeiden, wo diese "nicht zwingend notwendig" sei, um zugleich zu betonen, daß natürlich auch ein differenziertes Angebot von Erziehungshilfen im Kontext von Heimerziehung flächendeckend erhalten bleiben muß (vgl. Elger/Jordan/Münder 1987, S. 315 0, sowie primär die Sicherung bzw. Wiederherstellung der Erziehungsfunktion der Familie, was also vor allem eine Verbesserung der Situation der Minderjährigen in der Familie zum Ziel habe (vgl. Elger 1987, S. 11). Wie alle präventiven Ansätze sozialer Kontrolle, die immer als prinzipielle Hilfe, die dem Einzelnen zugute kommt, "verkauft" werden, beginnt sie SPFH mit der Konstruktion spezifischer Risikopopulationen ("Multiproblemfamilien"). Ein Risiko "ergibt sich daraus, daß abstrakte Daten oder Faktoren, die das Auftreten unerwünschter Verhaltensweisen mehr oder weniger wahrscheinlich machen, zueinander in Beziehung gesetzt werden." (Castel 1983, S. 59). Um ein Tätigwerden präventiver "Dienste" auszulösen, genügt es im Prinzip, "einige Besonderheiten aufzuweisen, die von den für die Definition einer Präventionspolitik verantwortlichen Spezialisten zu Risikofaktoren erklärt worden sind" (Castel 1983, S. 61). Die Faktoren einer Risiko-Sozialisation, die die SPFH verschämt "Probleme" nennt, unterscheiden sich nicht von denen einer präventiven Sicherheits- und Kriminalpolitik (vgl. Kury 1980; Daimling 1980; sowie zusammenfassend: Wambach 1986 zur ressortübergreifenden Kriminalitätsprävention - sowie zur SPFH: Nielsen 1990).
Mit der Kriminalprävention teilt die SPFH eine weitere Gemeinsamkeit: "Zwischen dem Anspruch von Prävention, der auf die eigentlichen Ursachen (von Delinquenz, Abweichung, Normlosigkeit von Familien usw. - F.P.) zielt, und der Praxis, die bei der Erfassung und Behandlung individueller Symptome stehen bleibt, klafft ein Abgrund" (Wambach 1986, S. 55). Auf Grundlage einer Arbeitsteilung von Wissenschaft oder Planungsgremien und dem Praktiker vor Ort formulieren erstere die Ansprüche und letztere geben sich damit zufrieden, nur sekundäre Prävention, die auf Arrangements der Subjekte mit gegebenen institutionellen Zwängen aus ist, leisten zu können: "die Menschen in ihrem problematischen Umfeld aufzusuchen, und nicht darauf zu warten, daß sie in einer Beratungsstelle erscheinen" (Blumenberg 1980, S. 221). "Man könnte sagen, daß die Konstruktion von Risikopopulationen letzten Endes darauf hinausläuft, daß man tendenziell jede Form individuellen Verhaltens als Devianz und damit als Risiko verstehen kann ... und von den Subjekten immer weitergehende Konformität und Selbstkontrolle verlangt werden. Demgegenüber ist es aber auch so, daß in Krisenzeiten (und Zeiten politischen Drucks auf Sozialhaushalte - F.P.) vermehrt auf das Prinzip der Subsidiarität (Familie - F.P.) verwiesen wird, um die Subjekte in die Verantwortung zu nehmen. Subjektivität wird zur Systemerhaltung eingespannt und erfährt deshalb eine Aufwertung wenigstens appellativen Charakters" (Wambach 1986, S. 62 f). Vobruba präzisiert: "Ihrem materiellen Gehalt nach wird Subjektivität beschnitten: Die geforderte Selbstkontrolle reduziert das Spektrum denkbarer Handlungsalternativen. Der Form nach aber wird Subjektivität aufgewertet: Systemerhaltung wird in subjektive Verantwortung gestellt, Handeln wird unmittelbar systemrelevant" (Vobruba 1983, S. 41). Will der Staat jedoch seine Bürger in die Pflicht nehmen, ist er "prinzipiell immer auf die Ressource 'Mitmachbereitschaft' angewiesen ... (die) andauernd neu hergestellt werden (muß)" (Vobruba 1983, S. 32).
Aus Vorstehendem erschließt sich unmittelbar die hohe Bedeutung, die die SPFH der Anfangssituation einer Familienhilfe beimißt: "Sozialpädagogische Familienhilfe beginnt bereits bei der Auswahl der Familie... Um Diagnose und Prognose zu formulieren, müssen Sozialarbeiter zwischen den Strukturmerkmalen von Familienhilfefamilien (sic!) unterscheiden. (...) und vor dem Beginn der SPFH (sich) intensiv mit den betroffenen Familien beschäftigen und mit ihnen im gemeinsamen Dialog ein Problem herausarbeiten, das die Familie als sinnvoll durch SPFH zu bearbeiten erachtet" (Nielsen 1990, S. 2 ff). Auch die Affinität vieler Familienhelferinnen resp. der Selbstthematisierungen von SPFH zu systemischen Familien-(therapeutischen) Konzepten findet hier z.T. seine materiale Grundlage.
Die Logik jeglicher Prävention, der sich eine SPFH wie eine präventiv ausgerichtete Jugendhilfe insgesamt nicht entziehen kann, bringt aus der Perspektive der Kriminalprävention der Polizei-Praktiker Schäfer auf den Begriff: Mit Hilfe einer Symtomatolo-gie abweichenden Verhaltens "wäre es möglich, die präventive Kriminalitätsbekämpfung, insbesondere in Verbindung mit einer Prophylaxe, welche die sozialen Dienste zu leisten haben ..., die im sozialen Bereich verhütend tätig sind (zu entwickeln). (...) Ausgerichtet an dem gemeinsamen Staatszweck und dem Auftrag hoheitlicher Verwaltung, kann man Prophylaxe und Prävention nur als eine Einheit sehen" (Schäfer 1980, S. 396 - Hervorhebungen F.P.). Auch wenn diese aus der Vorstellung umfassender "innerer Sicherheit" gewonnene Funktionsbestimmung von Prävention dem Selbstbild der SPFH und vieler Sozialarbeiterinnen und Sozialpädagoglnnen sicherlich nicht entspricht, liegt in der Logik eines jeglichen Präventionsansatzes, daß Hilfe nicht ohne gleichzeitige soziale Kontrolle stattfinden kann (vgl. Kunstreich/Peters 1990). "Hilfe und Kontrolle werden mehr und mehr eins. In Abwandlung eines bekannten Dictums: Kontrolle ist Hilfe, Hilfe ist Kontrolle" (Wambach 1986, 61) und soziale Probleme (besser: gesellschaftliche Widersprüche - Steinert 1981, 56ff) werden auf Anpassungsprobleme reduziert.
Ohne die Implemationsgeschichte der SPFH en detail nachzuzeichen, zeigt sich an ihr, daß sie neben der skizzierten Präventionslogik eine seit Beginn der achtziger Jahre und verstärkt nach der politischen Wende 1982 stattgehabte Neubewertung und Re-Ideologisierung der Familie reflektiert.
Auf dem Hintergrund einer überwiegend von SPD regierten Ländern und Kommunen in den sechziger und siebziger Jahren durchgesetzten (oder zumindest: vorgesehenen) Vergesellschaftung der Sozialisation und ohne die dort erreichten Standards und Positionen prinzipiell zurückzunehmen (vgl. die aktuelle Diskussion um die außerfamiliäre Kleinkindererziehung) - die damaligen Inhalte werden vielmehr im Sinne einer Absorption aufgegriffen, aber im Prozeß der Umsetzung kaum wahrnehmbar verändert den bestehenden / gewünschten Strukturen angepaßt, ohne diese zu bedrohen und gleichzeitig den Außenstehenden der Eindruck vermittelt, etwas Neues, mit dem Alten grundsätzlich Brechendes sei aufgebaut worden (vgl. zu diesen Neutralisierungstechniken: Matthiesen 1989, S. 58) - geht es nunmehr unter ideologischer Führung der CDU, die allerdings nicht allein dasteht, um eine verstärkte Einvernahme der Familie in und durch den Staat (wozu das Hingriffsrepertoire nicht zurück-, sondern ausgebaut und zu einem feinmaschigen in sich hierarchisierten Maßnahmekatalog fortentwickelt wird - vgl. KJHG-E; Änderung der §§ 1666, 1666a BGB bei gleichzeitiger Umverlagerung öffentlicher Leistungen/Verantwortung in die private Sphäre unter Betonung der traditionellen Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern - in der Familie, der Arbeitswelt und im Ehrenamt, dem Bereich der neuen Selbsthilfe.
Flankiert durch Steuer- und familienpolitische Maßnahmen i.e. (z.B. durch Umlenkung finanzieller Mittel aus dem erwerbsarbeitsabhängigen Leistungssystem - Arbeitslosengeld, -hilfe, Sozialhilfe - in den familienpolitischen Bereich: Einführung und zeitliche Ausweitung des Erziehungsgeldes und -Urlaubs, die Anerkennung von Kindererziehungszeiten als Ausfallszeiten in der Rentenversicherung, die Erhöhung des Kindergeldes und in gewisser Weise die Anhebung des Geldes für innerfamiliäre Pflegeleistungen; die Steuerabzugsfähigkeit einer Haushaltshilfe für Familien mit Kindern etc.) geht die CDU(-Bundesregierung) zielstrebig daran, die familiale Reproduktionsform ungeachtet ihrer tatsächlichen empirischen Veränderungen (vgl. zusammenfassend: Karsten/Otto 1987), den z.T. gegenläufigen Interventionen der Frauenbewegung und ungeachtet des Zwangs, den es (ja auch!) bedeutet, sich außerhalb der Produktion familial zu organisieren (beredtes Beispiel ist die frühbürgerliche Sozialpolitik), wieder zu restrukturieren und ideologisch-hegemonial abzusichern.
Die Konservativen sehen vielleicht sehr klar, wie die Stabilität von "Familie" als ein intergenerativer psycho-dynamischer Prozeß seine Voraussetzung und Entsprechung in den materiellen Zwängen und Vergünstigungen des Rechts, der Kranken- und Rentenversicherung, des Steuersystems und ganz alltäglicher Reproduktion hat und insoweit die "Familie" nicht die Abschreibung sondern Zuschreibung eines Lebenszusammenhangs darstellt (vgl. Kunstreich 1984):
Bereits 1984 werden in einer Untersuchung über die Transferleistungen Staat-Familie 25 Leistungsgesetze/-vorschriften genannt, die 1984 ein Gesamtvolumen von ca. 145 Milliarden (!) DM ausmachen, fast 10% des Volkseinkommens (Pfaff/Kerschreiter 1982, S. 153). Auch Sachße/Tennstedt (1982, S. 124) stellen in einer historisch ausgerichteten Studie zur juristischen Regulierung der Familie fest, daß entgegen früheren zivilrechtlichen Festschreibungen der "Rechtsform Familie" "Familie heute in ein weitgespanntes Netz gesetzlicher Regelungen verschiedenster Art eingebunden ist, die im Ergebnis darauf hinauslaufen, die elterlichen Erziehungsbefugnisse an normative Vorgaben und öffentliche Kontrollbefugnisse anzukoppeln und den familiären (zivilrechtlichen) Unterhalt zunehmend durch sozialrechtliche Unterhaltsleistungen zu substituieren". Kaum noch quantifizieren läßt sich, in welchem Maße andere Menschen damit beschäftigt sind, an dieser Konstitution von "Familie" ständig mitzuwirken: Steuerbeamte, Lehrer, Polizisten, Mediziner, Sozialarbeiter, Medienfachleute...
Diese Position, der weder SPD noch Grüne überzeugende eigenständige Konzepte entgegengesetzt haben, war schon in den 84er "Leitlinien zur Jugendhilfe" der CDU (vgl. CDU 1984) und im 7. Jugendbericht, der unter Federführung von Frau Prof. Süßmuth erstellt wurde, nachzulesen. Im Kern lautete die Botschaft: Nur die Familie ist in der Lage, "dem jungen Menschen wieder Heimat und Geborgenheit zu geben" (CDU 1984, S. 19) - was für sich genommen so sinnvoll ist, "als ob man sagte: Wir müssen das Humanistische Gymnasium erhalten, denn nur dort ist der Ort der Bildung; oder: Wir müssen das Offiziers-Kasino erhalten, denn nur dies ist der Ort der Ehre" (Kupffer 1989, S. 61) -, aber auf die hervorragende Bedeutung verweist, die die Familie als "ideologischer Staatsapparat" (Althusser) für Staat und Gesellschaft, i.e. für die Frage, wer sich um die Kinder kümmert, hat. "Der Staat nimmt die Familie in Anspruch; er delegiert einen Teil seiner Kompetenzen nach unten; er braucht die Familie als Helfer für die Sozialisation der Kinder" (Kupffer a.a.O., S. 62) - weil das gesamte Vergesellschaftungssystem inclusive der subsidiär erbrachten Sozialpolitik auf die (unentgeltlich) in Familien - und wiederum primär von Frauen - erbrachten Leistungen der Erziehung, Betreuung, Pflege etc. aufruht.
Auf diesem Hintergrund wird verständlich, was ansonsten nicht zusammenpaßt: Zwar wird die Erosion der Normalfamilie und die Überforderung der Familie angesichts der vielfältigen gesellschaftlichen Erwartungen etc. konstatiert, und auch der Gesetzgeber kann sich schon heute mehrere Formen von "Familie" vorstellen, doch gleichzeitig wird die Hoffnung auf die Funktionsfähigkeit der Familie konzentriert. "Insofern setzt sich letztlich wieder ein ideologisierter Familienbegriff durch, das naive Vertrauen auf die grenzenlose Verarbeitungsfähigkeit der Familie, wenn man sie nur intensiv genug unterstützt" (Merchel 1989, S. 33). Man (an-)erkennt zwar (vielleicht), daß die wirklich gelebten Beziehungen eine Vielfalt von Formen annehmen können, versucht aber auch diese nach wie vor unter einem ausgeweiteten Familienbegriff rechtlich zu organisieren, ohne zu begreifen, daß die traditionelle Familie generell zur Disposition steht, und daß es angesichts gesamtgesellschaftlicher Realentwicklung um rechts- und sozialpolitische Anstrengungen in Richtung auf eine Garantie der Wahlfreiheit von Lebensformen durch und gegen den Staat und um eine Entstaatlichung der Familie/Ehe gehen müßte, d.h. um eine Politik der Entgrenzung der Familie (vgl. Stalb/Opielka 1986).
Insofern liegt das zentrale (Selbst-)Mißverständnis der SPFH in ihren zahlreichen Selbstthematisierungen als zeitgemäße Form offensiver Jugendhilfe und progressiver Alternative schlechthin, die sich zuhauf in den Begründungen und Konzepten zur Institutionalisierung der SPFH finden. Entgegen ihren Intentionen wird sie gerade dadurch, daß sie sich selbst als progressive Neuerung der Jugendhilfe auszuweisen sucht, zum Einfallstor einer grundlegenden Wende der Jugendhilfe/Jugendhilfepolitik im Sinne einer grundsätzlichen Re-Familiarisierung.
Seit 1984 (CDU-Leitfaden) und dem 7. Jugendbericht (1986) war diese Entwicklung absehbar und spätestens seit der Vorlage des Referentenentwurfs (RE) für ein novelliertes Jugendhilferecht (JHG, 1988) ist es "offiziell": Wenn es nach den derzeitigen politischen Machthabern und deren Administratoren geht, gibt es Jugend-(hilfe-)Politik nurmehr als Familien-(unterstützende) Politik (vgl. 7. Jugendbericht, bes. III; JGH-RE §§ 15 ff). Und mit der gesetzlichen Verankerung der SPFH ist ein erster Schritt getan, dieser neuen Qualität von Familienorientierung (in der Praxis) zusätzliche Geltung zu verschaffen).
Worin die neue Qualität besteht, macht ein Protokollauszug, erstellt anläßlich einer Anhörung der Obersten Landesjugendbehörden zum JGH-RE, deutlich: "BMJFFG ging auf den Vorwurf der Familienlastigkeit' ein und wies darauf hin, daß eine stärkere Einbeziehung der Familie in der Sachlogik eines präventiven JHG liege und im übrigen den verfassungsrechtlichen Vorgaben von Art. 6 Abs. 2 GG entspreche. Dort sei die Aufgabe der Erziehung den Eltern zugewiesen; für eine damit konkurrierende Erziehungsaufgabe des Staates (der Jugendhilfe) sei dort diesseits des Wächteramtes kein Raum." (BMJFFG 1989, S. 3).
Dies erstaunt, hatte doch trotz aller Familienorientierung auch des jetzigen JWG ein solch klares Unterordnungsverhältnis der Jugendhilfe keine(r) gesehen - einschließlich der Expertinnen und Bundesregierungen, die in allen bisherigen Jugendberichten (bis zum 7., den die Kommissionsvorsitzende - auch ein Novum - als Ministerin selbst kommentieren konnte) davon ausgingen, daß die Jugendhilfe ein eigenes Sozialisationsfeld darstellt, in dem die Interessen von Kindern/Jugendlichen gegen die vielfältigen anderweitigen Interessen dieser Gesellschaft eine eigene Wertigkeit besitzen und parteilich gestärkt und gefördert werden sollten (s. insb. den 3. und 5. Jug.Ber. sowie Bundesjugendkuratorium 1974) - wie dies im Prinzip auch schon der Intention des RJWG als Vorgängergesetz entsprach und selbst Vertreter der katholischen Kirche betonten.
Noch deutlicher wird der avisierte Kurswechsel, der mit der SPFH und dem weiteren Ausbau der familienunterstützenden Leistungen als "Herzstück" der JHG-Reform verfolgt werden soll, vergleicht man die vorstehenden Aussagen mit z.B. einer programmatischen Aussage der ehemaligen Leiterin des Hamburger Amtes für Jugend ( = LJA). Dort heißt es: "Die Jugendhilfe reagiert mit ihren Maßnahmen auf den 'leistungsschwachen' und den 'unmotivierten' Schüler, den 'berufsunreifen' Jugendlichen, den mutlosen Jugendlichen ohne Arbeit - und eben nicht auf die Probleme der Schule, des Ausbildungs- und Arbeitsmarkts. So geht trotz eines Mehrs an Leistung ihre Problemlösungskapazität ständig zurück. Ja, sie beteiligt sich oft auch aktiv an der Produktion von problematischen Einzelfällen zur Entlastung des gesellschaftlichen Gewissens.
Aus diesem Dilemma wird sich die Jugendhilfe nur herausarbeiten können, wenn sie politischer wird. Sie ist Interessenvertretung für die Jugend gegenüber anderen gesellschaftlichen Bereichen, weil hier erfahrbar wird, daß sich der größte Teil der Jugendlichen eben nicht mehr zwanglos in die Erwachsenenwelt eingliedert. Dabei muß sie sich sozialpolitisch engagieren, denn die Versprechungen der Erwachsenen... gelten für Jugendliche... nur im Ausnahmefall... Die gesellschaftspolitische Aufgabe der Jugendhilfe reicht aber darüber hinaus: es muß in allen jugendpolitischen Maßnahmen auch darum gehen, den Erfahrungsraum von Kindern und Jugendlichen zu erweitern. Die Jugendhilfe muß dafür Sorge tragen, daß die Jugendphase nicht zu einer Abfolge von Bewäh-rungs-, Auslese- und Aussonderungssituationen verkommt, sondern daß sie ein Raum bleibt, in dem neue Lebensformen für die Zukunft unserer Gesellschaft entwickelt werden" (Bittscheidt-Peters 1981, zit. nach: Thorun 1988, S. 87). Ähnlich deutliche Aussagen finden sich bis in den achtziger Jahren in zahlreichen (kommunalen) Jugendhilfeplänen sowie politischen und wissenschaftlichen Stellungnahmen zu Jugendhilfefragen. Umso erstaunlicher ist eigentlich die unter SA/SP fast einhellig geteilte "neue" familienzentrierte Aufgabenbestimmung der Jugendhilfe, die überdies - trotz ausdrücklicher Berufung auf Art. 6, Abs. 2 GG - auch rechtlich fragwürdig ist. Der zitierte Art. 6 GG (Elternrecht) steht wohl prinzipiell im Spannungsverhältnis zu Art. 2 GG (persönliche Freiheitsrechte) und 3 GG (Gleichheit vor dem Gesetz), insbesondere Art 3, Abs. 2 (die Gleichberechtigung betreffend), da Gleichberechtigung kein (rechtliches) Abstraktum ist, sondern sich nur materialisiert durch "gleichberechtigte Mitwirkung / Beteiligung / Teilhabe". Für die Jugendhilfe(-politik) bedeutet dies z.B., daß sie auf die Mitwirkungs- und Beteiligungsrechte der Kinder und Jugendlichen am Prozeß ihrer Erziehung bestehen muß, womit für die praktische sozialpädagogische Arbeit in diesem Feld der Konflikt mit Eltern und anderen Erziehungsberechtigten / -verpflichteten als eine nahezu unvermeidbare soziale Tatsache vorgegeben ist.
Einer Position (wie sie die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates vertritt), die nur die Erziehungsberechtigten als "Erziehungssubjekte" sieht, während Kinder und Jugendliche lediglich als "Erziehungsobjekte" angesehen werden (vgl. Dt. Bundestag, DS 11/6002, S. 5), muß diese Dimension schlichtweg fremd sein. Und ob eine primär auf "Familie" und deren Erziehungsfähigkeit ausgerichtete Jugendhilfe insgesamt wie die SPFH, die entgegen allen modischen Begründungen letztlich eine elaborierte Form sozialpädagogischer, defizit-orientierter Einzelfallhilfe darstellt, i.e. diese Widersprüchlichkeit in ihrer Praxis adäquat berücksichtigen kann, darf bezweifelt werden.
Bedeutsamer als der letzte Punkt aber noch scheint die vorstehend schon andiskutierte Möglichkeit der Ausweitung sozialer Kontrolle zu einer bislang nicht gekannten Intensität durch das wichtigste "Arbeitsinstrument" der SPFH, die verläßliche, eine Vielzahl von Stunden umfassende regelmäßige Anwesenheit der Familienhelferinnen in den Familien. Vor einer solchen Ausweitung von Kontrolle schützt auch nicht das Prinzip der Freiwilligkeit, das die SPFH für sich reklamiert, denn man kann ja (s.o.) darüber streiten, wie "freiwillig" es für "langjährig amtsbekannte Familien" ist, eine SPFH abzulehnen oder - vielleicht gar bei Drohung der Herausnahme der Kinder - anzunehmen.
Dieser Einschätzung entspricht, daß in mehr als 3/4 aller Fälle die Initiative zur Betreuung durch die SPFH vom (...) Amt ausgeht und somit die Problemdefinierer nicht die freiwillig um Hilfe und Unterstützung nachsuchenden Familien(-mitglieder) sind, sondern die die Familien an den Familienhelfer abgebenden Sozialarbeiterinnen. "Eine neue Stufenleiter disziplinierender Eingriffe entsteht, die von der unverbindlich erscheinenden Familienberatung und der noch überwiegend freundlich gemeinten Familienhilfe schnell bei den alten Eingriffen klassischer Fürsorge angelangt sind, wenn die Klienten nicht willig oder in der Lage sind, in den neuen Programmen konzeptgerecht mitzuarbeiten". Ferner besteht die Gefahr der "gläsernen" Familie: "Den neuen und 'soften' Familienhelfern bleibt kaum ein Winkel familiärer Geheimnisse verborgen, zu freundlich und unausweichlich dringen sie in den Alltag der Familien ein, es stehen ihnen auch Winkel offen, die der alten Familienfürsorge verborgen blieben. Eng damit zusammen entsteht die Gefahr einer 'Enteignung' aller noch vorhandenen Kräfte und Mittel zur Selbsthilfe, da für jedes Problem sofort eine professionelle Antwort bereit steht, so daß entgegen allem Bekunden Abhängigkeit von öffentlicher Hilfe erzeugt wird" (Schrapper 1989, S. 40 f).
Auch bei sogenannten "diagnostischen Einsätzen" der SPFH, die das Wissen der entscheidenden Familienfürsorgerinnen über die Familie erweitern sollen, kann von Freiwilligkeit wohl nicht gesprochen werden; hier überwiegt wenig verschleiert das Interesse, Kontrollwissen zu akkumulieren. Ferner ist auch nicht ausgeschlossen, daß auf der Grundlage der §§ 1666, 1666a BGB ein Richter die SPFH anordnet, sowohl zur diagnostischen Abklärung unklarer Verhältnisse wie auch nach dem Prinzip, daß bei einer vorliegenden Gefährdung des Kindeswohls erst alle ambulanten Maßnahmen ergriffen sein müssen/sollen, bevor eine Herausnahme des Kindes/Jugendlichen aus einer Familie erfolgt (vgl. Elger 1987, S. 52 f). Befürworterinnen der SPFH sehen solche Einsätze zur diagnostischen Abklärung unklarer Familienverhältnisse zwar als "Fehlindikation" an, können sich ihnen aber letztlich nicht entziehen.
Überdies erneuern die der medizinisch-psychologischen Terminologie entlehnten Begriffe von "Diagnose" und "Indikation", die in den Begründungen zur Fachlichkeit und zum Einsatz der SPFH einen hohen Stellenwert haben, die - ob des generellen Technologiedefizits der Pädagogik (vgl. Luhmann/Schorr) - Illusion, als könne prognostiziert werden, wann welche "Hilfe" mit welchen Mitteln unter welchen Randbedingungen angemessen und erfolgreich wäre, die z.B. im Kontext der Heimerziehung längst als obsolet erkannt worden ist (vgl. Wohlert 1988, S. 53 f.). "Diagnosen" und "Indikationen" erfolgen überwiegend anhand von pragmatisch konventionalisierten Kriterien, die eine Mixtur von Verhaltensbeschreibungen, der Darstellung individueller Symptome oder aktueller Anlässe und Etikettierungen sind. Auch die in den verschiedenen Berichten und empirischen Untersuchungen über SPFH genannten Problemkonstellationen sagen wenig über empirisch zuverlässige Indikatoren aus, sondern sind hochgradige soziale Konstrukte, die ihre Sinnhaftigkeit alleine dadurch erhalten, daß mit ihnen nachträglich die Maßnahme SPFH legitimiert wird. Wir haben es hier also mit aus der Kriminologie seit langem bekannten Norm-Generierungs-Effekten zu tun. Erste empirische Daten aus der Stadt Kassel, die die SPFH frühzeitig in ihr Interventionsprogramm aufgenommen hat, zeigen entsprechend zwei Ergebnisse: daß erstens der Personenkreis, der insgesamt "erzieherisch betreut" wird, sich seit Einführung der SPFH ausgeweitet hat (vgl. Jordan/Elger/Münder 1984, S. 98) und daß zweitens - bei steigendem Gesamtaufwand - die Kosten für den einzelnen Betreuungsfall sinken.
II. Über einige Gründe, warum sozialpädagogische Familienhilfe seit Anfang/Mitte der 80er Jahre auf breite Akzeptanz stößt
Die Antwort auf die aufgeworfene Frage ist einfach und schwierig zugleich. Es scheint, daß sich in der SPFH vielfältige Interessen zusammenfassen und bündeln lassen, die im Feld der Sozialarbeit/Sozialpädagogik derzeit wirksam sind. Einige sollen nachstehend ohne Anspruch auf Vollständigkeit angeführt und stichwortartig diskutiert werden.
1. Die Interessen von Sozialpädagoglnnen und Politikerinnen treffen sich in dem Punkt, daß Heimerziehung vermieden werden soll
Steht auf der einen Seite eine fachlich begründete Kritik an der (Leistungsfähigkeit der) Heimerziehung, die in den Jahren nach '68 im Gefolge der Studentenbewegung und dann auch quasi offiziös im Zwischenbericht der Kommission Heimerziehung (1977) detailliert formuliert wurde (vgl. zu den Facetten der Kritik Peters 1990) und heute - ungeachtet inzwischen stattgefundener Veränderungen (vgl. Kluge/Peters 1988) - fortwirkt, so auf der anderen Seite aufgrund der Finanzmisere der öffentlichen Haushalte das Interesse, Heimerziehung zu vermeiden, weil sie teuer ist, und kommunale Haushalte zu entlasten. Beide Trends treffen sich gewollt/ungewollt, weil die einen - ich vereinfache - sparen wollen und die anderen Jugendhilfe in Familien vorverlegen möchten, (idealerweise) um eine Trennung von Kindern/Jugendlichen von ihren Familien zu vermeiden, wobei das allerdings auch problematisch ist, erleben doch häufig Kinder nicht nur ihre eigene Familie, "sondern die spezifische Struktur 'Familie' als ein Sozialisationsmedium, welches ihnen eine ihrer Subjektivität angemessene Entwicklung unmöglich macht" (Winkler 1988, S. 4) und lösen sich doch Jugendliche auch im "gelingenden Normalfall" in unserem Kulturkreis in etwa im Alter von 15/16 sukzessive von ihren Familien.
2. Die sozialpädagogische Familienhilfe trifft auf einen übergreifenden Trend von Individualisierung, De-Institutionalisierung und Ambulantisierung
Die Akzeptanz der SPFH scheint auch mit dem allgemeinen Trend der De-Institutionalisierung, der Ambulantisierung, des "small is beautiful" etc. zusammenzuhängen, da die Kritik an (Groß-)Organisationen gesellschaftlich derzeit weit verbreitet und nicht auf die Jugendhilfe oder den sozialen Sektor beschränkt ist. In allen Bereichen der Politik und der Gesellschaft entwickelt sich derzeit eine Tendenz zur Dezentralisierung, Selbsthilfe, Milieunähe und Alltagsorientierung, die dem konstatierten Wertewandel entspricht und der Erosion tradierter Lebensentwürfe ebenso korrespondiert wie dem damit einhergehenden und sich ausweitenden "alternativen" Politikverständnis. Diese schwer zu beschreibende Gemengelage ist in ihrer Wirkung, eben weil diffus und z.T. das "Nahe und Unmittelbare" (wie "die Familie") ansprechend, nicht zu unterschätzen.
Solche Prozesse können als Ergebnisse und Bestandteile eines "übergreifenden Individualisierungsschubs" (Beck) gewertet werden
- ein ungewollter, nichtintendierter Kulminationseffekt ganz disparater gesellschaftlicher Veränderungen, die irgendwann derart zusammenschießen, daß sich aus der Steigerung bloßer Quantitäten plötzlich eine ganz andersartige Qualität von Gesellschaft ergibt... "Die Kette der Aufzählung sich wechselseitig beeinflussender Wandlungsprozesse kann beinahe endlos fortgeführt werden: die Städte... werden noch einmal umgewälzt... Die wohlfahrtsstaatliche Modernisierung paart sich mit einer kulturellen: Geschlechtsrollenstereotype verflüssigen sich, alte Abhängigkeiten treten zurück, neue hinzu, und dabei ist es vor allem die gefräßige Instanz des Arbeitsmarktes, die schließlich... den allermeisten und in einem fast schon total zu nennenden Sinne die Lebenschancen zuweist. Regionale und soziale Mobilitätserfahrungen stellen sich ein, die im Verein mit neuen Ansprüchen auf "ein Stück eigenes Leben" (Beck-Gernsheim) schließlich auch die Art des Zusammenlebens nicht unberührt lassen. Wer verheiratet ist, der oder die bleibt es immer häufiger weniger lang, sofern er oder sie nicht sowieso anderen intimen Selbstexperimenten nachgehen. Im Resultat all dessen - so Beck - verselbständigen sich die Lebenswege und Lebenslagen der Individuen gegenüber den traditionellen Herkunftsbedingungen und alltagspraktiken. (...) Die klassentypischen Lebensverläufe werden durch die je besonderen Umstände von Alter, Geschlecht, Gesundheit, Berufsgruppe, Familiensituation, Region so weitgehend modifiziert, daß sie als je individuelles Schicksal nicht nur erscheinen, sondern es auch sind. Treten nun persönliche Krisen und Gefährdungen auf, ist jeder für sich (und dem Sozialamt) allein. Individualisierung ist... ein äußerst prekäres Verhältnis, das man zu sich und den gesellschaftlichen Bedingungen haben kann, denen man seine soziale Existenz verdankt." (Neckel 1989, S. 51 - 55) -
der als Gegenreaktion einen "verrückten Hunger nach Psychologie" (Nelson 1976, zit. nach Wachtel 1983, S. 196) provoziert, die allerdings in ihrem mainstream "dem Schein der Individualisierung, von dem sie profitiert" aufsitzt und "die Ursachen für die Probleme in die Menschen, die sie haben, hineinverlegt" (Beck 1986, S. 194) und so einen eigenständigen Beitrag zur Reindividualisierung leistet, auf den sich auch die elaborierteren einzelfallbezogenen Hilfen aufsatteln.
3. Mit "Familie" sind nach wie vor zahlreiche Hoffnungen verbunden
"Familie" spricht unmittelbar die emotionalen Bezüge der Menschen an, appelliert an tiefsitzende Ängste, Wünsche und Hoffnungen - unbeeindruckt davon, daß eine Folge der realen Infragestellung der klassischen Rollenverteilung der Geschlechter und Auflösung weiterer Sozialformen (s.o.) eine "Pluralisierung der Familienform" ist, "eine Vielfalt von Lebensformen, -bahnen, -Verhältnissen und -irrgärten, die mit dem Begriff der Familie so wenig einzufangen ist, wie Ameisen mit einem Schmetterlingsnetz" 1985. S. 93) und unbeeindruckt auch davon, daß die "Familie" auch als Gefahrenort insbesondere für Frauen und Kinder (Mädchen!) kenntlich geworden ist, wie Erkenntnisse, die wir über sexuellen Mißbrauch und andere Formen der Gewalt gegen Kinder besitzen, belegen.
Aber obgleich der Sozialform Familie der Konflikt und die Gewalt inhärent sind, werden selbst bei extremen Konfliktlagen mit "Familie" Hoffnungen der Lebensgestaltung verbunden, was M. Honig (1986) am Beispiel häuslicher Gewalt ebenso zeigen kann wie Ergebnisse der Frauenhausforschung (vgl. Brückner 1987). Der Wirkung von "Familie" als social censure, einerseits (Aspekte der) soziale(n) Realität und zugleich normative, ideologische Überhöhungen (gleichsam das Modell, wie es sein sollte!) widerzuspiegeln, kann man/frau sich umso weniger entziehen, als das Familienmodell in unserem Kulturkreis ja im Prinzip auf solchen invariant gedachten Eigenschaften basiert wie Dauerhaftigkeit, Unkündbarkeit der Mitgliedschaft, Personenbezogenheit und Nichtaustauschbarkeit der Personen, Orientierung an qualitativer, zyklischer Zeit usw. - also auf Bedingungen, die ansonsten nicht oder nur schwer zu organisieren oder nachzubilden sind - wie auch die Alternativversuche zur Familie zeigen (vgl. Stalb/Opielka 1986. S. 22 - 24).
4. Die SPFH entspricht dem Selbstverständnis vieler Sozialarbeiter / Sozialpädagoglnnen
Nach wie vor dominiert in der Ausbildung der Sozialarbeiterinnen eine Rezeption der Sozialisationsforschung, die in Verbindung mit den vorstehend genannten ideologischen Mechanismen zu einer Haltung führt, nach der - überspitzt formuliert - noch "die schlechteste Familienerziehung besser sei als die beste öffentliche Erziehung". Hinzu kommt, daß trotz zunehmender Verfachlichung der Jugendhilfe die "konventionellen Orientierungen professioneller Interventionsstrategien an Wissensbeständen und Interventionsformen, die in der Tendenz zusammenfassend als Arbeitsprinzip des case work klassifiziert werden können", nicht abgelöst wurden. "Insbesondere der Wunsch nach einer einzelfallorientierten Ausrichtung der Handlungsgrundlagen sowie eine verstärkte Hinwendung zu methodischen Kenntnissen" kennzeichnet die derzeitige Situation beruflicher Orientierung von Sozialpädagoglnnen . "Dieses Selbst- und Handlungsverständnis erklärt dann auch zu einem Teil die immer noch hohe Konjunktur therapeutischer Interventionsformen in der Sozialarbeit" (Otto/Flößer 1989, S. 176).
In Anbetracht dieser Situation scheint die SPFH (auch) für "fortschrittliche Sozialarbeiterinnen, noch ein Fortschritt, da sie neben therapeutischer Orientierung prophylaktische Arbeit verspricht und endlich eine oftmals langgehegte Hoffnung auf präventive Sozialarbeit zu verwirklichen scheint, ohne daß ihnen deren kritische Implikationen bewußt werden (s. vorne). Auch nicht ganz ohne Einfluß dürfte sein, daß Sozialarbeiterinnen, Sozialpädagoglnnen in hohem Maße an (familien-)therapeutisch orientierten Fortbildungen teilnehmen, so daß (familien-)therapeutisch geprägte Bilder und Modelle die Problemdefinitionen und die Interventionsausrichtung beeinflussen: wenn in dem, was Sozialarbeiterlnnen / -pädagoglnnen in ihren Arbeitsfeldern vorfinden, vorzugsweise familiale Probleme erkannt werden, richten sich auch die Interventionsformen entsprechend aus...
Allerdings korrespondieren diesen "Familienbildern" der Professionellen externe Effekte der professionellen psycho-sozialen Entwicklung, die unter dem Begriff der Protoprofessionalisierung (de Swaan 1983; Keupp/Straus/Gmür 1989) diskutiert werden. "Unter professionellem Wissen soll ... als jenes Wissen verstanden werden, das in der Folge einer Professionalisierung in der Bevölkerung weiterarbeitet. Dieses tritt beispielsweise auf, wenn Laien damit anfangen, ihre Schwierigkeiten als psychische Probleme zu erkennen, wo sie früher von üblem Benehmen, Sünde, Krankheit ... oder von den üblichen Mängeln menschlichen Daseins gesprochen haben oder wenn sie die Schwierigkeiten nicht bemerkt hatten" (de Swaan 1983, zit. nach Keupp u.a. 1989, S. 177). Gleiche Phänomene kennen wir von den sogenannten "Wohlfahrtsmüttern".
Keupp/Straus/Gmür stellen u.a. ein relativ hohes Wissen um psychotherapeutische Beratung und einen erstaunlichen Grad "der Akzeptanz der systemischen Perspektive in der Bevölkerung" fest (1989, S. 180). "Bemerkenswert ist das Beispiel der 'familientherapeutischen' Protoprofessionalisierung noch in einer zweiten, den Sprachgebrauch betreffenden Hinsicht ..., zeigt dieses Beispiel doch, daß zwischen der professionellen Begrifflichkeit in der psycho-sozialen Szene und dem Sprachhabitus vieler Klienten kein wesentlicher Unterschied im Abstraktionsniveau besteht" (ebda, S. 180 f.). Erklärt wird dies als Beleg dafür, daß sozialwissenschaftliches Wissen im psychosozialen Bereich bereits vor der "Anwendung" in der Beratung, dem Fallgespräch, der SPFH einen "Verwandlungsprozeß erfahren hat, in dem es auf Alltagssprache und -kultur zugeschnitten wird" und zudem die meisten therapeutisch orientierten Settings ein "reflexives Grundparadigma (verwenden). Ziel ist die Selbstexplikation des Klienten", wobei die "im Gewand der Alltagssprache nicht selten banal klingenden Normen (professionell-pschologischer oder daran orientierter Haltungen - F.P.) implizit ein Menschen- und Gesellschaftsbild (enthalten), in dem das Streben des Menschen nach Selbstverwirklichung, seine Fähigkeit zur Kreativität, die persönliche Entfaltung und sein innerliches Wachsen nicht nur in den Mittelpunkt gestellt, sondern auch (unter Ausblendung kritischer Gedanken zu gesellschaftlichen Strukturen) als möglich und erreichbar propagiert werden" (Keupp/Straus/Gmür 1989, S. 181 - 184).
Die systemisch ausgerichtete Familientherapie, in deren Kategorien sich häufig SPFH-Ansätze diskursiv selbstvergewissern, übersieht im wesentlichen, daß die "Familie" eher Probleme des gesamtgesellschaftlichen Lebens vermittelt, daß sie häufig von ihnen eher überwältigt werden, als daß sie sie produzieren, und daß ihr Beitrag zu den in ihr auftretenden Problemen und Konflikten beschränkt und spezifisch ist sowie daß die praktische Arbeit einer SPFH, also der Kontext des Einsatzes professionellen Wissens, entscheidend die Wissensanwendung/Anwendung systemischer Familientherapie begrenzt: Der Kontext einer SPFH - Alltagshandeln bei hoher Präsenz in der Familie - entspricht in keiner Weise dem Setting therapeutischer Interaktionen - weshalb harte Familientherapeutinnen die SPFH ablehnen und elaborierte Ansätze einer SPFH auf diesen Bezugspunkt verzichten, was aber nicht ausschließt, daß viele Sozialarbeiter / -pädagoginnen dieser (ihrer Selbst-)Faszination unterliegen.
5. Der institutionalisierte Arbeitszusammenhang legt es nahe, familienzentriert und einzelfallorientiert zu arbeiten, zumal andere handlungsorientierende Perspektiven fehlen
Mit dem Vorstehenden (unter 4.) korrespondiert, daß eher sozialstrukturell oder soziologisch ausgerichtete Erklärungen sozialer Problemlagen für Sozialarbeiterinnen/ -pädagoginnen zwar auch einsichtige Perspektiven der Problemwahrnehmung und -erklärung liefern können, aber augenscheinlich z.Zt. keine (durchsetzbaren oder politisch mehrheitsfähigen ?) handlungsrelevanten Orientierungen bieten. Und da der institutionelle Arbeitszusammenhang von Sozialarbeiterlnnen / -pädagoglnnen es zwar gestattet, "Schwierigkeiten" als familiale Problem zu bearbeiten, andere Herangehensweisen aber erschwert bzw. derzeit nicht zu Verfügung hat, können "irgendwie alternative" Sichtweisen nur dann oder auf alle Fälle leichter veränderte Arbeitsweisen nach sich ziehen, wenn sie sich mit den "offiziell-anerkannten" Arbeitsaufträgen der Sozialarbeiterlnnen / -pädagoglnnen in einer Institution vereinbaren lassen.
Grundlegendster Mechanismus zur ständigen Reproduktion der Einzelfallorientierung dürfte die grundsätzlich subsidiär-einzelfallbezogene Finanzierung der meisten Jugendhilfeleistungen sein. Erst wenn hier eine Umorientierung erfolgte - sei es über eine generelle Projektfinanzierung aller Jugendhilfe- und Sozialleistungen, (in Verbindung mit) einem garantierten Grundeinkommen, eine negative Einkommenssteuer, evtl. einer bevölkerungsabhängigen (pro Kopf), aber problemunspezifischen Verteilung jugendhilfe-eingesetzter Mittel - dürfte sich prinzipiell eine einzelfallbezogene Orientierung sozialarbeiterischer Interventionen ablösen lassen zugunsten einer Vielzahl von "phantasievollen Maßnahmen".
6. Mit der SPFH lassen sich zahlreiche Ressourcen und neue Stellen legitimieren
Nicht zuletzt von Bedeutung dürfte sein, daß sich mit der SPFH zahlreiche (neue) Stellen legitimieren lassen (ca. 4000 bei flächendeckender Ausweitung). Dies trifft auf das Interesse zahlreicher öffentlicher wie privater Anstellungsträger, reicht bis in Gewerkschaften und politische Parteien, muß Interesse der zahlreichen arbeitslosen Sozialarbeiterlnnen / -pädagoglnnen sein und auch der Ausbildungsstätten sowie all jener, die nach wie vor das Modell "Ausbau statt Umbau" (vgl. Kunstreich 1988) favorisieren. Auch im Bereich öffentlicher Erziehung, die ja "im Prinzip" eine Alternative zur "Familie" wäre, ist dieser Mechanismus wirksam, insofern Heimträger trotz demographisch bedingtem Rückgang der Fallzahlen über die SPFH ihr Personal halten und vielfach sogar aufstocken können.
Insofern verbindet die SPFH in einmaliger Weise Gedanken der konservativen "Wende" - nämlich Familialisierung und Privatisierung sozialer Probleme - und Professionalisierungsinteressen einer von Arbeitslosigkeit bedrohten Berufsgruppe - den (verschiedensten) Sozialpädagoglnnen- sowie Bestandssinteressen alter und neuer Träger der sozialen Arbeit.
Anmerkung
Teile dieses Aufsatzes basieren auf Diskussionen im Hamburger AKS. Teilnehmerinnen an dieser Diskussion waren: H. Bründel, H.-H. Dehning, F. Düchting, T. Kunstreich, W. Plum, B. Rose, K. Schwampe sowie der Verfasser, der für die vorliegende Fassung incl. des Unverständnisses und des Ideologieverdachts, der derjenige sich leicht aussetzt, der einen grundlegenden Konsens verläßt und nicht für eine "bessere Variante Desselben" plädiert, sowie natürlich auch für alle Ungereimtheiten die Verantwortung trägt.
Die Diskussion um die SPFH wird in einem der nächsten Hefte fortgesetzt; inhaltlich wird es dann primär um Alternativen zur SPFH gehen.
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