Wohlfahrtsproduktion im dynamischen Wirtschaftsraum Europas

Abstract

Die Ökonomisierung der sozialen Dienste hat die frühere Vorrangstellung der Träger der freien Wohlfahrtspflege eingeschränkt und eine Wettbewerbssituation zwischen gemeinnützigen wie gewinnorientierten Anbietern geschaffen. Eingeleitet wurde diese Entwicklung von den nationalen Gesetzgebern selbst, das europäische Gemeinschaftsrecht - zuletzt vor allem in Gestalt der umstrittenen Dienstleistungsrichtlinie - wirkt hier lediglich flankierend. Sinn und Zweck der Vermarktlichung sozialer Dienste ist auch bei den Wohlfahrtsverbänden umstritten. Fragwürdig ist die Entwicklung spätestens dann, wenn es nicht mehr darum geht, effizientere und effektivere Strukturen zu schaffen, sondern lediglich die Staatshaushalte auf Kosten der Qualität sozialer Dienste zu sanieren. Dies gilt insbesondere dann, wenn eine Ökonomisierung auch der Leistungsempfänger erfolgt: Betroffenen, die keine eigenen Mittel aufbringen können, wird künftig möglicherweise nur noch eine Grundversorgung gewährt, wohingegen zahlungskräftige Nachfrager höherwertige Leistungen kaufen können. Damit aber schlägt sich die im Bereich Einkommen und Soziale Sicherung bereits deutlich abzeichnende soziale Polarisierung nun auch verstärkt in gerade dem Sektor nieder, der eigentlich negative soziale Folgen von Marktprozessen auffangen soll. Die Ökonomisierungsdebatte darf daher nicht verdecken, dass es sich hierbei zugleich um eine Facette in der Diskussion um die Verteilung in unserer Gesellschaft bzw. in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union handelt.