Vom Schattendasein zum Bodenschatz?

Zur aktivgesellschaftlichen Entdeckung des Post-Erwerbslebens
Abstract

Seit der Rentenreform 1957 kam alten Menschen in Deutschland eine Sonderrolle zu: Vergleichsweise gut versorgt wurden sie in den wohlverdienten Ruhestand entlassen und von gesellschaftlichen Erwartungen weitgehend entbunden. Sie führten eine gut abgesicherte Nischenexistenz, der allenfalls unter Versorgungsgesichtspunkten im Rahmen von Rentendiskussionen ein gewisses Maß an öffentlicher Aufmerksamkeit zu Teil wurde. Davon kann aktuell keine Rede mehr sein: Von der Nebenbühne ins Scheinwerferlicht gerückt, avanciert das Alter zum politischen und medialen Top-Thema - und zwar in doppelter Hinsicht. Die Botschaft ist ebenso einfach wie bestechend: Erstens gibt es - je nach Diktion - sehr oder zu viele Alte (Stichwort 'Überalterung' der Gesellschaft). Zweitens können und sollen die Alten selbst - jünger, gesünder, fitter und gebildeter als je zuvor - Teil der Lösung des Alterungsproblems sein (Stichwort 'empowerment' und 'Aktivierung des Alters'). Die alten Menschen, so die Botschaft weiter, sollen nicht nur Teil der Lösung sein, sondern sie wollen es auch - denn die Nutzung ihrer Potenziale eröffnet nicht nur der Gesellschaft brachliegende Ressourcen, sondern verspricht zugleich den Alten selbst eine von den traditionellen Defizitperspektiven auf das abhängige Alter befreite Existenz als anerkanntes Subjekt der Aktivgesellschaft. Aktivierung des Alters als Potenzialenutzung, Anti-Diskriminierung und Teilhabesicherung in einem - drei in eins -, wer wollte mehr?