Urbane Auswahl und urbane Ängste

Zur Politik elterlicher Schulauswahlmöglichkeiten
Abstract

Von ihren Befürwortern wird die freie Schulwahl der Eltern als Mittel propagiert, das exzellente Leistungsqualität fördert bei gleichzeitiger Gewährleistung von Gerechtigkeit. Auf der Basis internationaler Forschungsergebnisse zeigt der Beitrag, dass diese Versprechungen so bisher nicht eingelöst werden konnten. Zugleich versucht er die Frage zu beantworten, warum die Politik 'freier' elterlicher Schulwahl dennoch so erfolgreich ist.

Das neue globale Reformpaket

Die Bildungsreform ist eine globale Bewegung. Im Bereich der Bildung und der Sozialpolitik allgemein werden wir Zeuge einer Entwicklung neuer Formen der Organisation, der Regierungsgewalt und des staatlichen Bildungsangebots. In der Regel werden diese Reformen als "Paket" präsentiert, d.h. sehr schematisch: Wettbewerb, Auswahl, Regionalisierung, Handlungs- und Leistungsorientierung. Die OECD - eine der Hauptbefürworter und Verbreiter des Reformpakets - ist der Meinung: "Eine Strategie der 'selektiven Radikalreform' ist wahrscheinlich die beste Lösung. ... Eine vollständige Umwandlung von Regierungsstrukturen ist unmöglich. ... Reform ist eine Reise und kein Endziel" (1995: 9). Zu verschiedenen Zeiten werden an verschiedenen Stellen also durchaus unterschiedliche Aspekte des Pakets hervorgehoben und andere heruntergespielt. Der Prozess der Reformumsetzung muss somit langfristig und mit Blick auf die wechselseitigen Beziehungen zwischen verschiedenen Elementen betrachtet werden.

Bei dem Reformpaket geht es jedoch nicht nur um die Einführung neuer Strukturen, Möglichkeiten und Leistungsanreize. In ihrer Gesamtheit bewirken diese politischen Maßnahmen neue Beziehungen, neue Kulturen und Werte. Die freie Auswahl durch den Kunden ist eins der primären Bestandteile im globalen Reformpaket. So spricht z.B. die OECD davon, dass "hochgradig zentralisierte, hierarchisch organisierte Strukturen durch dezentrale Managementunternehmen ersetzt werden, in denen Entscheidungen bezüglich Ressourcenverteilung und Leistungsangebot kundennäher getroffen werden und die somit Möglichkeiten der Rückmeldung von Kunden und anderen Interessierten bieten" (OECD 1995: 8). In Bezug auf die Bildung betrifft dies in erster Linie die Schulwahl durch die Eltern.

Auf den ersten Blick scheint die Auswahl durch Eltern etwas zu sein, dass - wie Mütter oder Apfelkuchen - gut sein muss und man nur schwer kritisieren kann. Für Politiker ist dieses Projekt auf jeden Fall attraktiv: Mit ihm lassen sich nicht nur Stimmen gewinnen, sondern auch die Verantwortung für Bildungsqualität verlagern. Einmal gegeben, kann sie den Eltern nur schwer wieder entzogen werden (Adler 1997). Genauer betrachtet entpuppt sich die freie Schulwahl auf der praktischen Ebene jedoch als eine Form städtischer Politik - als ein Beispiel dafür, wie politische Prozesse auf nationaler Ebene durch die Belange der Städte gesteuert werden.

Von ihren Befürwortern wird die Schulwahl als "Allheilmittel" präsentiert, welches die moribunden bürokratischen Bildungssysteme verwandeln und revitalisieren wird. Aber funktioniert sie? Hält die freie Schulwahl das, was ihre Befürworter versprechen? In der vorliegenden Arbeit werde ich argumentieren, dass diese Frage nach Abwägung vorhandener Ergebnisse unmissverständlich mit "Nein - tut sie nicht!" beantwortet werden muss. Anschließend möchte ich der Frage nachgehen, warum trotz eindeutiger Ergebnisse, dass die Politik der freien Schulauswahl nicht das hält, was sie verspricht, sie dennoch weiterhin große Popularität bei Politikern und Eltern genießt.

Versprechen und Ergebnisse

In der Sprache der Ökonomie beruht die Politik der freien Schulauswahl etwas vereinfacht ausgedrückt auf zwei Prämissen: Mit ihr lasse sich die Leistungsfähigkeit sowohl in Bezug auf die Produktion als auch auf die Verteilung steigern. Anders ausgedrückt: die versteckte Hand des Marktes - die individuelle Wahl von autonomen Kunden - sei ein besserer Mechanismus um die Leistungsfähigkeit zu erhöhen und Ungleichheiten auszubügeln als staatliche Planung und Regulierung. Jedoch lassen weltweit Forschungsergebnisse erkennen, dass beide Zielsetzungen sich nicht in dieser Weise realisieren.

Schon vor über zehn Jahren wies der US-Politikwissenschaftler Maddaus (1990: 289) auf Probleme hin, bezüglich der Erwartung von Konservativen und Liberalen, die freie Schulwahl der Eltern würde exzellente Leistungsqualität fördern bei gleichzeitiger Gewährleistung von Gerechtigkeit. Dies scheint sich heute zu bestätigen. So bilanziert Carnoy (2000: 19) in einer neueren Arbeit den Forschungsstand vor allem aus den Vereinigten Staaten aber auch anderen Ländern dahingehend, dass die 'Vermarktung' von Bildung zwar die Auswahl der Schulen für einen Bruchteil der Eltern erhöhe, aber aller Wahrscheinlichkeit nach nichts oder fast nichts zur Leistungsverbesserung der Gesamtheit der Schüler beitrage. Und ganz ähnlich sieht der deutsche Ökonom Manfred Weiss "die Ergebnisse der internationalen Bildungsforschung bei der Untersuchung der Funktionsweise und Auswirkung von Quasi-Märkten im Schulbereich darauf hindeuten, dass die Funktionalisierung von Wettbewerb und Dezentralisierung keinerlei überzeugende Erfolge erzielt hat bei der Erreichung von Leistungszielen... Die bisherigen Ergebnisse deuten statt dessen darauf hin, dass Quasi-Märkte bestehende Ungleichheiten bei der Schulleistung und Chancen-Ungleichheit eher verstärken" (Weiss 2000: 14)

Entsprechend liefert - um ein besonders prägnantes Beispiel zu nennen - eine Studienreihe in England, durchgeführt von der Ökonomin Rosalind Levacic (Levacic, Hardman & Wollds 1998; Levacic 1998; Levacic & Hardman 1999) überzeugende Beweise dafür, dass es keinen Zusammenhang zwischen Wettbewerb und Schülerleistungen gibt. In der ersten dieser Studien (Levacic et al. 1998) wurden Gruppen von vergleichbaren Schulen in wettbewerbsorientierten und nicht-wettbewerbsorientierten Umgebungen verglichen mit dem Ergebnis, dass die Letzteren ihre Leistungen im Vergleich zu Ersteren mehr steigerten. In der dritten Studie (Levacic & Hardman 1999), die ihre Aufmerksamkeit auf das Aushängeschild der Konservativen richteten - die Grant Maintained Schools - gab es "keinerlei Beweise", dass diese "effektiver sind in Bezug auf akademische Ergebnisse als LEA- Schulen" (ebd.: 202) obwohl sie höher finanziert und mit einer flexibleren Aufnahmepolitik besser gestellt worden waren, um Schüler nach Fähigkeit auszusuchen" (ebd.: 204).

Mit Blick auf die weltweite Forschung bezüglich Gerechtigkeit, dem zweiten Argument für die freie Schulwahl neben der Steigerung der Leistungsfähigkeit, scheint es ein entscheidendes und zwingendes Muster über sehr unterschiedliche Systeme und Gesellschaftsordnungen hinweg zu geben. Im Schlusswort ihrer neuseeländischen Studie fassen Lauder, Hughes et al. (1999) dies wie folgt zusammen: Auf der Nachfrage-Seite hätten "Schüler mit hohem sozio-ökonomischem Status am ehesten die Gelegenheit, Schulen der Arbeiterschicht zu meiden, und die meisten von ihnen ergreifen diese" (ebd.: 101). Spiegelbildlich würden auf der Angebot-Seite "die Schulen alle ihnen zur Verfügung stehende Mittel nutzen, um sich vor der Härte des Marktes zu schützen" (ebd.: 134), indem sie danach strebten, bei der Aufnahme die Anzahl der SchülerInnen zu erhöhen, die leicht zu unterrichten sind und wahrscheinlich gute Leistungen erbringen werden. Dass der Markt jene "Polarisation bei der Schulaufnahme, die bereits durch die Trennung nach Wohngebieten existierte, noch verschlimmert" (ebd.: 135) hat, sehen die Autoren damit zusammenfassend betrachtet als eine Folge von beiden Seiten der Marktbeziehung her.

Was die Nachfrage-Seite angeht, so belegen Studien weltweit, dass sich Mittelschicht-Eltern - ungeachtet der Unterrichtsqualität - Schulen mit hohem Status aussuchen. Dabei handelt es sich zum Einen um regionale Forschungsarbeiten, wie die von van Zantens in der Kommune Vitry außerhalb von Paris. Sehr plastisch dokumentiert diese, wie die Flucht der Mittelschichtschüler in das angesehenere Pariser Schulsystem oder in Privatschulen ein wachsendes System von Arbeiterschulen in Vitry hinterlässt. Zum Anderen konnten in solchen regionalen Studien, wie der von Noden, West, David & Edge (1998) über Londoner Schulen' auch allgemein wirksame Faktoren herausdestilliert werden, die nachweislich Bewerber aus der Arbeiterklasse von höherleistenden Schulen aktiv ausschließen: wie z.B. "die Verteilung von kulturellem Kapital und finanziellen Ressourcen und die (tatsächlichen und wahrgenommenen) Auswirkungen von verdeckter Selektion" (ebd.: 16 f.)

Die von Broccolichi & van Zanten (2000: 58) konstatierte immer breiter werdende Kluft zwischen 'begünstigten' Schulen - denjenigen also, die relativ geschützt sind vor den Auswirkungen von Massenschulung und 'nicht-gewählt werden' - und den 'Benachteiligten', in denen die Kinder der Arbeiter und Ausländer zu finden sind, diejenigen mit den größten Schulschwierigkeiten, zeigt sich also in England (z.B. Smith & Noble 1995; West, Pennell & Noden 1997; Bagley &Woods 1998) ebenso wie in Schottland. Dort kam Riddells (1997: 18) zu dem Ergebnis, dass "der Markt im Bereich besonderer Förderungsbedarf möglicherweise ein unpassendes Modell für ein Dienstleistungsangebot ist, da gerade diejenigen, die diese Angebote am dringendsten benötigen, womöglich die schwächste Position haben um verschiedene Optionen einschätzen zu können und womöglich entdecken, dass in der Realität nur wenige Optionen zur Verfügung stehen".

Kam schon Walford (1992: 137) zu der Erkenntnis, dass die freie Schulwahl in Großbritannien besonders Arbeiterkinder und Kinder afro-karibischer Herkunft benachteiligt, so konstatiert Tomlinsons (1997: 18) gegenüber den 80er Jahren weitere "Zuwächse bei der Rassen- und ethnischen Trennung, die durch die Wirkungsweise von Bildungsmärkten verursacht wird und von der Konzentration von Minderheiten in Schulen, die als unterdurchschnittlich oder mangelhaft angesehen werden". Ganz ähnlich entlarven Moore & Davenport in ihrer Studie über Schulwahl-Programme in vier US-Städten diese als "eine neue Art der Trennung auf der Basis einer Kombination von Rasse, Einkommen und Schulerfolg" (1990 S. 216).

Untermauert wird dies bezüglich der 'Nachfrager-Seite' durch die Ergebnisse Henigs (1994). Diesen zufolge beantragten weiße Familien am häufigsten einen Wechsel zu Schulen mit niedrigem Anteil ethnischer Minderheiten, die in Gegenden mit höherem Einkommen angesiedelt sind. Angehörige von ethnischen Minderheiten wählten am ehesten Schulen mit hohem Anteil ethnischer Minderheiten in Gegenden mit niedrigem Einkommen, ungeachtet des Charakters der Schulen selbst. Umfragen zur Wahl der Eltern ergaben, dass die Eltern rassenbezogene Kriterien anlegten, die stark auf informeller Mundpropaganda basierten, statt auf scharf definierten Hinweise darüber, welche Schule am ehesten ihren Kindern nutzen würde.

Wenn Moore & Davenport (s.o.) in ihrer Studie zum Schluss kommen, dass die freie Schulwahl "in der Regel eine neue und subtilere Form der diskriminierenden Auslese" (1990: 221) darstellt, beziehen sie dies jedoch nicht allein auf die 'Nachfrager-Seite'. Sehr eindrücklich konnten sie zeigen, wie auf der 'Angebots-Seite' die Verfügungsfreiheit der auswählenden Schulen und die Komplexität der Aufnahmeprozedur maßgeblich zu einer entsprechend sortierenden Wirkung beitragen. So konstatiert ihre Studie "eine überwältigende Tendenz hin zu einer Schaffung von Prozeduren und Standards bei jeder Stufe im Aufnahmeprozess, die 'Problemschüler' aussortieren und die 'besten' Schüler aufnehmen. Hierbei wird 'beste' wie folgt definiert: Schüler mit einer guten akademischen Laufbahn, hohen Anwesenheitsraten, gutem Benehmen, guter Beherrschung von Englisch und keinen besonderen Lernschwierigkeiten" (ebd.: 201). Chenoweth (1987) fand in San Francisco ähnliche Mechanismen (s. auch Blank 1990). Und Wells & Associates (1998) kalifornische Studie zeigt, dass sogar Schulen, die in Niedriglohngebieten angesiedelt waren, diejenigen Eltern mit höherer Bildung unter den Niedrigverdienern anlockten.

Dass freie Schulwahl in dieser Weise als 'Sortiermechanismus' fungiert, welcher Schülerinnen nach Rasse und Klasse trennt, konnte für die unterschiedlichsten Umgebungen belegt werden und dies nicht allein in den USA (vgl. die Auswertung von Schulprogrammen in New York, Chicago, Boston und Philadelphia). Allerdings deuten englische Studien, die die gesellschaftliche Verteilung bei der Schulaufnahme seit Einführung der freien Schulwahl untersucht haben, auf nationale Ungleichmäßigkeiten hin. In seiner Analyse von Daten für ganz England von 1994-1999, welche den in den Einzelstudien herangezogenen unterschiedlichen Maßen und Indikatoren Rechung zu tragen versucht, schlussfolgert Noden (2000: 282) zwar, dass "der 'etablierte Markt' in England ... einen kontinuierlichen Anstieg bei dem durchschnittlichen Grad der Klassentrennung" verzeichnet. Er weist allerdings zugleich darauf hin, dass das Muster ungleichmäßig ist, mit zeitlich variierenden Profilen in verschiedenen Schulbezirken. Demnach müsse, "wie in vielen früheren Forschungsstudien bereits angedeutet, der Bildungs-Quasimarkt und der Wettbewerb zwischen Schulen auf der regionalen Ebene verstanden werden" (ebd.: 283).

Dies hängt auch damit zusammen, dass entsprechende Polarisationen bei der Schulaufnahme in aller Regel durch ein Zusammenwirken beider Seiten der Marktbeziehung verursacht werden, wie dies die neuseeländische Studie von Lauder, Hughes et al. (1999) konstatiert. Allerdings kommt Kathryn Stearn von der Carnegie Foundation in ihrem Bericht über britische Reformen zum Ergebnis, dass "in den meisten konkurrenzstarken Kommunen, wie z.B. Greater London, es wahrscheinlicher ist, dass die Schulen die Schüler aussuchen als umgekehrt" (1996: 92).

Dennoch wirken Angebots- und Nachfrageseite oft wechselseitig verstärkend aufeinander zurück. Dies wird nicht nur an der schon erwähnten Untersuchung von Moore & Davenport (s.o.) deutlich. In ähnliche Richtung weist auch die Forschung von Fossey (1994) in Massachussetts. Diese belegt, wie die Möglichkeit der freien Schulwahl in diesem Bundesland, die fast ausschließlich von Mittelschichtfamilien in Anspruch genommen wurde, nicht nur zu einer Bewegung der Mittelschichtschüler aus den Vierteln mit niedrigem sozio-ökonomischen Status in Viertel mit hohem sozio-ökonomischen Status führte, sondern in der Folge auch verbunden war mit einer entsprechenden Ressourcenbewegung. "Indem den Abwanderungsvierteln Gelder entzogen werden - die oft Viertel mit weniger Ressourcen und niedrigerem sozio-ökonomischen Niveau sind als die Zuzugsstädte - wird es durch solche Programme gerade denjenigen Vierteln, die bereits benachteiligt sind, erschwert, ihre Leistungen zu verbessern" (ebd.: 332).

Das umgekehrte 'Verstärkungsverhältnis' beschreiben Herschkoff & Cohen (1992) indem sie am Beispiel Alabamas zeigen, wie die staatliche Subventionierung der 'gewählten' Privatschulen nicht nur zu einer Verringerung der finanziellen Unterstützung der staatlichen Schulen geführt hat, sondern in der Folge auch zu einer Stigmatisierung des staatlichen Schulsystems samt dessen Schüler. Vor diesem Hintergrund warnen sie davor, dass "jegliche Verbesserung der Bildung, die durch eine marktorientierte Herangehensweise entstehen könnte ihren Preis hat: die Schaffung einer Unterklasse der abgelehnten und unterfinanzierten Schulen" (ebd.: 25).

In einer ausführlichen Forschungsarbeit über Chile ist es Carnoy allerdings gelungen, die These zu erhärten, dass die "profitorientierte Schulen, die wie Pilze aus dem Boden in chilenischen Städten geschossen sind als die Gutscheine auf den Markt kamen, keine besseren Leistungsnoten bei irgendeinem Kind aus einem bestimmten sozio-ökonomischen Hintergrund (produzierten) als staatliche Schulen" (Carnoy 2000: 18). Vielmehr hätten sie nur "die Schichtenbildung in den 80er Jahren verstärkt ..., da privaten Schulen bessere (im doppelten Sinne von fähiger und höherer sozialer Schicht) Schüler von den staatlichen Schulen abschöpften und sich eher in besserverdienenden Stadtbezirken ansiedelten".

In ganz ähnliche Richtung weist Mirons (1993) Bericht von einem schwedischen Programm, bei dem staatliche Gelder für den Besuch privater Schulen zur Verfügung gestellt werden, und die Arbeiten von Wilms bezüglich des schottischen Bildungssystems: Miron zufolge förderte das schwedische Programm "zunehmend soziale Trennung, da solche Schulen die Art ihrer Zugänge kontrollieren können". Wilms auf Schottland bezogene Forschungsergebnisse (vgl. 1997: 4 f.) bestätigen dies und liefern darüber hinaus sogar gewichtige Belege dafür, dass "größere Klassentrennung ... mit hoher Wahrscheinlichkeit zu größerer Leistungsungleichheit" führt.

Neigung und Vermögen

Was also geschieht in diesen Wahl-Systemen? Welche Mechanismen sind hier am Werk? Wieder sind hier beide Seiten des Marktes zu betrachten. So schließen Whitty, Power & Halpin, die die Schulwahlpolitik in fünf Ländern diskutieren, dass "hinter der oberflächlich attraktiven Rhetorik von Wahlfreiheit und Vielfalt die Reformen zu einer Minderung von Wahlmöglichkeiten für viele Eltern führen und nicht zum umfassenden Empowerment von Kunden, das die Märkte laut ihren Befürwortern herstellen... Besonders dort wo es eine begrenzte Anzahl frei wählbarer Schulen mit hoher Marktattraktivität gibt, neigen privilegierte Eltern und privilegierte Schulen dazu, sich in einer zunehmenden Segmentation des Marktes gegenseitig auszusuchen" (1998: 119).

Mit anderen Worten: Die Politik der freien Schulwahl ruft Ressourcen und Orientierungen verschiedener Art hervor, die in der Bevölkerung ungleichmäßig verteilt sind. Die Annahme, diese seien universell und neutral, führt dazu, dass die durch freie Schulwahl verursachten Ungerechtigkeiten verfestigt und unsichtbar gemacht werden. Im Laufe meiner Forschung mit verschiedenen Kollegen habe ich diese Unterschiede in Bezug auf Wahlfreiheit mit Hilfe der Kategorien 'Neigung' sowie 'Vermögen' zusammenzufassen versucht (Gewirtz, Ball & Bowe 1993):

Die Kategorie 'Neigung' bezieht sich auf den Wunsch der Eltern, die Interessen ihres Kindes auf dem Markt zu maximieren, beruhend auf der Überzeugung, dass es bei Schulen Unterschiede gibt z.B. in Bezug auf:

  • Atmosphäre,
  • Unterrichtsstandard,
  • Prüfungsergebnisse,
  • die Zukunftschancen, die sie ermöglichen,
  • die Werte, die sie vermitteln,
  • die Anzahl ihrer Angebote außerhalb des Lehrplans,
  • welche Kinder dort hingehen,
  • finanzielle Situation,
  • Elternmitarbeit und
  • Engagement der Lehrer.

Da die Schulen als unterschiedlich wahrgenommen werden, hat das marktorientierte Elternteil das Gefühl, dass es notwendig ist, das Angebot genau zu studieren, um das Beste auszusuchen oder zumindest das Schlechteste vermeiden zu können. Dies bedeutet nicht unbedingt die Präferenz für eine einzelne Schule oder eine eindeutige Rangfolge der Schulen, sondern die Auffassung mancher Eltern, eine bestimmte Art Schule sei die passendste oder förderlichste für ihr Kind. Ich habe dies 'Kind-Abstimmung' (Ball 1996) genannt.

Die Kategorie 'Vermögen' zielt sowohl auf materielle Ressourcen als auch die entsprechende Art von kulturellem Kapital. Materielle Ressourcen verleihen einige offensichtliche Vorteile auf dem Bildungsmarkt:

  • Sie maximieren Transportmöglichkeiten. Die mögliche Auswahl der Schulen ist größer für die Eltern, die es sich leisten können, eine lange Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu bezahlen, oder die mit Autos oder Taxis aus entlegenen Gegenden anreisen können. Oft ist es auch so, dass Mittelschichts-Viertel über eine bessere Anbindung an öffentlichen Verkehrsmitteln verfügen.
  • Sie ermöglichen größere Flexibilität in Bezug auf einen Wohnortswechsel und dadurch eine weit größere Schulauswahl.
  • Sie ermöglichen Nachhilfe und gezieltes Coaching für Aufnahmeprüfungen bei Gymnasien und Privatschulen sowie die Zahlung von Schulgebühren und begünstigen dadurch die Aufnahme durch die auswählenden Schulen.
  • Es bestehen mehr Möglichkeiten der Kinderbetreuung. Eltern, die mehr als ein Kind haben, können ihre Kinder auf Schulen schicken, die weiter voneinander entfernt sind. Außerdem sind die Arbeitsstellen der Mittelschicht meist flexibler in Bezug auf das elterliche Zeitmanagement. Umgekehrt sind diejenigen, die über wenig finanzielle Ressourcen verfügen und ganztags arbeiten oft auch stark eingeschränkt durch Kinderbetreuungszeiten. Diese Eltern sind möglicherweise 'zeit-arm'.

Während materielle Ressourcen die Wahlfreiheit deutlich erhöhen, ist der Besitz von einem gewissen Grad an kulturellen und sozialen Kapital 'in der richtigen Währung' unverzichtbar, wenn man sich erfolgreich im Markt bewegen will (Conway 1997). Die richtige Art von kulturellem Kapital zu haben, bedeutet, das Schul- und Bildungssystem zu kennen und damit vertraut zu sein und das Selbstvertrauen zu haben, es zu nutzen. Diejenigen, die selbst vom System profitiert haben - d.h. die eine gute Schulbildung, gute Jobs erhielten etc. - haben nicht nur tendenziell mehr Selbstvertrauen beim Umgang damit. Sie beanspruchen auch, Schein von Bildungssubstanz unterscheiden zu können und verfügen über Kenntnisse darüber, welche Strategien man anwenden muss, um seine Chancen zu maximieren. Den 'Eingeweihten' ist eher die Komplexität des Auswahlsystems bewusst, die Willkür des Auswahlprozesses, die Schwierigkeit, Prüfungsergebnisse als Indikatoren für die Schulqualität anzuwenden. Sie wissen eher, wie man Prüfungsergebnisse bewertet und wie man Berufung einlegt. So weist Conway (1997: 6) in seiner Analyse eines regionalen Marktes im Norden Englands auf einen gravierenden schichtenspezifischen Einfluss bei der Schulwahl hin, der sich in einer - im Vergleich zur Arbeitereltern - Vielfalt der angewendeten Taktiken und Strategien der Mittelschicht-Eltern zeigt.

Wie schon erwähnt, wirken die Aktivitäten der Anbieter diesbezüglich verstärkend. Innerhalb einer 'Ökonomie der sozialen Wertigkeit', wie sie in Systemen des sog. Bildungs-Marktes produziert wird, und angetrieben durch die Logik des Wettbewerbs, streben diese danach, wo sie nur können diejenigen Schüler auszusuchen, die sich am billigsten und einfachsten unterrichten lassen und daher am ehesten den 'Ruf' der Schule für zukünftige Aus-Wähler heben. Gleichzeitig werden schwierige und teure Schüler vermieden oder 'ent-wählt'. Einige Autoren haben dies dahingehend auf den Begriff zu bringen versucht, dass Auswahlsysteme in dieser Weise das 'unvermarktbare Kind' schaffen. Freie Schulwahl ermutigt sowohl Aus-Wähler wie auch Anbieter dazu, im eigenen Interesse zu handeln, unbeachtet der und gegen die Interessen anderer.

Zu diesem Thema lohnt es sich zwei Programme anzuschauen - ein amerikanisches und ein britisches -, die das Ziel hatten, die Möglichkeit privater Schulung 'geistig wachen' Kindern aus benachteiligten, innerstädtischen Milieus anzubieten. Das britische Assisted Places Program (Edwards, Fitz & Whitty 1989) und das Milwaukee Private Schools Choice Experiment (Witte, Thorn, Pritchard & Claiborn 1994) zeigen beide auf, dass diejenigen Familien, die diese Programme nutzten, zu einem unverhältnismäßig hohen Anteil aus Familien kamen, die man 'untere Mittelschicht' nennen könnte. Oft verfügten die Mütter über ein vergleichsweise hohes Bildungsniveau. Im britischen Programm waren viele der begünstigten Kinder solche, die "sowieso Privatschulen, ausgewählte Gymnasien oder akademisch erfolgreichen Gesamtschulen in der Vorstadt besucht hätten" (Whitty et al. 1998: 122). Bezüglich Milwaukee kommt Witte (1993: 29) außerdem zu dem Schluss, dass "bezüglich Leistungsergebnisse die Schüler ungefähr gleichauf mit denen der staatlichen Schulen in Milwaukee sind", was auch der Programmbericht des Legislative Audit Bureau des Staates Wisconsin vom Jahre 2000 bestätigt, der entweder keine oder bestenfalls geringe - wenngleich statistisch signifikante - Verbesserung der Gutscheinschüler gegenüber denjenigen aus staatlichen Schulen konstatiert.

Gibt es überhaupt Material, das eindeutig positive Ergebnisse aus der Politik der freien Schulwahl dokumentiert? Kurz gesagt, sehr wenig! Shumow & Kang (1995) bilanzieren in einer Wisconsin Studie von 180 Fünftklässlern "einen geringfügigen Unterschied in der Schulorientierung der Kinder, der auf die freie Schulwahl zurückzuführen war" (ebd.: 25) und einen ähnlich "bescheidenen" Zuwachs des "Elternengagements in der Schule" (ebd.: 26). Tenbusch & Garet (1992) fanden in einem Bericht über offene Immatrikulation in Minnesota "begrenzte" Nachweise von "größerer Gerechtigkeit bei der Verteilung von schulischen Ressourcen auf der kommunalen Ebene" (ebd.: 35) und einen "kleinen aber bemerkbaren Anstieg bei der ethnischen Vielfalt der staatlichen Schulen in Minnesota" obwohl die meisten Schulen "nur einen sehr kleinen Anteil von Minderheitenschülern haben" (ebd.: 35).

Es gibt auch eine englische Studie, die von positiven messbaren Ergebnissen berichtet, die auf den Wettbewerb unter den Schulen zurückzuführen sind - hier wird Wettbewerb als die Existenz von einem Wettbewerber innerhalb eines Kilometers definiert. Bradley, Johnes und Millington (1999) fanden über den Zeitraum 1993-1998 dass die "Leistungsfähigkeit um durchschnittlich 1,3% gestiegen ist". Allerdings wird die Relevanz dieser Studie dadurch eingeschränkt, dass sie zum Einen verallgemeinert - der Bezug auf den regionalen Markt ist wie bereits erwähnt Bedingung - und dass sie verschiedene nicht-markt-relevante Faktoren, wie z.B. Anzahl der Schüler in einer Klasse, die ja auch Zuwächse und Verluste bei der Leistung beeinflussen, unzureichend berücksichtigt.

Alles in allem sind also die Nachweise, welche zur Unterstützung der freien Schulwahl vorgebracht werden, äußerst dürftig - kleine Indikationen, gewisse Unterschiede, geringfügige Verbesserungen, uneindeutige Auswirkungen. Sie entsprechen in keinster Weise dem, was wir auf Grund der Begeisterung und des Engagements der Befürworter der freien Schulwahl erwarten würden.

Politik der Wahl!

Wenn wir also eine beträchtliche Anzahl Ergebnisse finden, die zumindest Zweifel aufkommen lassen an der Effektivität der freien Schulwahl, ja auf ernsthafte Störungen hindeuten, warum dann besteht die freie Schulwahlpolitik weiter und verbreitet sich? Diese Frage kann auf verschiedenen Ebenen des sozialen und ökonomischen Handelns untersucht werden:

Bereits zu Beginn habe ich die Förderung und Verbreitung dieser Politik als ideologisches System durch mächtige transnationale Agenturen und Politikunternehmer angesprochen. Dies habe ich an anderer Stelle (Ball 1998) ausgeführt - auch bezüglich der Attraktivität von freier Schulwahl für Politiker, die Wählerunterstützung durch die Mittelschicht suchen - und will es deshalb hier nicht noch einmal vertiefen. Eine weitere Antwort liegt auf einer Ebene, die ebenfalls sehr deutlich ins Auge springt: Hier geht es um die Interessen von kommerziellen Organisationen, die an der Lieferung von 'Bildungsdienstleistungen' teilnehmen und davon profitieren wollen (siehe Ball & Vincent 2000).

Auf einer nicht ganz so offensichtlichen Ebene der komplexen Politik der freien Auswahl müssen wir jedoch auch die Rolle der Klassenpolitik berücksichtigen. Die freie '(Schul-) Wahl' ist bei bestimmten Klassenfraktionen populär, weil sie ihre Interessen fördert und die Möglichkeit bietet, gesellschaftliche Vorteile zu bewahren oder sogar zu erhöhen. Es geht dabei vor allem um solche Interessen, die durch die jüngsten Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt und in der Beziehung zwischen Bildung, Qualifikation und Zugang zum Arbeitsmarkt bedroht zu sein scheinen.

Brown (2000) hat diese Beziehung zwischen den Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt und dem Wandel der Bildungspolitik analysiert. Vereinfacht lautet sein Argument, dass die Restrukturierung der Wirtschaft und die Globalisierung ökonomischer Beziehungen tiefgreifende Auswirkungen auf lokale und nationale Arbeitsmärkte hat und dadurch auf die Arbeitsplatzsicherheit der Arbeiter. Ein besonderer und sehr materieller Aspekt hiervon ist die sehr dramatische Unterbrechung der Kurve des Wirtschaftswachstums und der Beschäftigungsquote, die die Basis für die enorme Nachkriegsexpansion der verschiedenen Fraktionen der Mittelklasse darstellte, einschließlich der Entstehung der sogenannten 'neuen Mittelklasse'.

Mehrere Faktoren sind hier beteiligt, unter anderem:

  • die Ausdünnung von Positionen der 'mittleren Leitungsebene' durch Gesundschrumpfung und Reorganisation von großen Konzernen, um 'flachere/flexiblere' Hierarchien herzustellen;
  • der Zusammenbruch von Arbeitsplatzsicherheit durch 'contracting out' und die Einführung von Zeitverträgen sowie leistungsbezogenen Verträgen, was zu 'seriellen' oder 'portfolio' Karrierestrukturen führte;
  • die 'Überproduktion' von professionellen Absolventen in Berufsfeldern wie Jura und Architektur;
  • die Schließung von Finanzdienstleistungsabteilungen und ihr Ersatz durch Call-Center und e-commerce-Systemen;
  • die Kommerzialisierung von Professionen (vgl. Hanlon 1998);
  • der Anstieg Quote der an Hochschulen Studierenden von 13% auf 34% in Großbritannien (es gibt ähnliche Entwicklungen in einigen anderen OECD-Ländern).

Überall ist die 'imaginierte Zukunft' der Mittelklassen und die ihrer Nachkommen bedroht durch die 'unkontrollierte Stauung' in den alten und neuen Professionen und in den Führungspositionen (Jordan, Redley & James 1994). Durch die Ausweitung des Anteils der Hochschulabsolventen droht, wie Bourdieu (1988: 163) es ausdrückt, ein "allgemeines downclassing", das, wie er sagt' "besonders unerträglich für die Privilegierten" ist. Es entsteht eine Kluft "zwischen den gesetzlichen Erwartungen, die den Positionen und Diplomen innewohnen, die im früheren Zustand des Systems tatsächlich entsprechende Chancen boten, und den Chancen, die tatsächlich zur Verfügung stehen" (Bourdieu 1988: 163). Die Reaktion der Mittelschichten auf die zunehmende Unsicherheit und die Risiken bei ihren etablierten Strategien der Reproduktion ist eine Intensivierung des Positionswettbewerbs, legitimiert durch vorherrschende politische Diskurse. Die Politik der freien Schulwahl erlaubt in Wirklichkeit den Fraktionen der Mittelklasse die Durchführung von 'Strategien gesellschaftlicher Unterscheidung'. Durch die Politik der freien Schulwahl wird Bildung "zurückverwandelt in eine 'oligarchische' Ware" (Jordan et al. 1994: 212).

Die Beziehungen und gegenseitige Abhängigkeiten dieser Arbeitsmarktveränderungen mit kulturellen und diskursiven Umwälzungen liegen auf der Hand. Brown (2000) argumentiert, dass diese Reorganisation der Wirtschaft von Änderungen in den 'Ausschlussregeln' und von einer Bewegung von auf die eigenen Verdienste bezogenen 'meritorischen' hin zu 'Markt'-Gesetzen begleitet wird. "Meritorische Ausschlussregeln stützen sich auf die Ideologie der individuellen Leistung in einem 'offenen' und 'gerechten' Wettbewerb. ... Die wachsende Bedeutung von 'Markt'-Regeln spiegelt den politischen Aufstieg des Neoliberalismus seit den späten 70ern in Großbritannien und den USA. ... Die Rechten konnten eine moralische Legitimität für ein Marktsystem in der Bildung beanspruchen, das in die Sprache von 'Auswahl', 'Freiheit', 'Wettbewerb' und 'Standards' gekleidet war" (ebd.: 639).

Dies bedeutet, dass diese 'Regeln' ideologisch und diskursiv operieren - sowohl auf der Ebene der Familien wie der Politik - innerhalb der 'neuen Unsicherheits-Politik', insbesondere über die 'Tugenden' des wettbewerbsorientierten Individualismus. Die Ängste, Sorgen, Perspektiven und Strategien von sozialen Subjekten werden eingefügt in einen Diskurs von Verantwortlichkeit und ein 'Vokabular der Ethik des Unternehmertums': "Wettbewerbsfähigkeit, Stärke, Kraft, Kühnheit, äußere Form und Wille zum Erfolg" (Rose, 1992) werden zu einer neuen 'Verhaltensregel' (Weber 1915/48). Lane (1991: 318) hat gezeigt, dass "Wettbewerbsorientierung als psychologische Orientierung" kognitive, motivationsorientierte und moralische Aspekte umfasst. Dies alles konstituiert ein neues moralisches Milieu.

Innerhalb der 'Ausschlussregeln des Marktes' werden sowohl Kunden als auch Produzenten bei ihrem Streben nach Stellungsvorteilen gegenüber anderen 'ermutigt' durch die Belohnungen und die Disziplin der 'Kräfte des Marktes'. "Je mehr gesellschaftliche Ressourcen auf Wettbewerbsbasis verteilt wurden, desto mehr wurde 'Wettbewerbsorientierung' belohnt" (Marginson 1997: 169). Das kulturelle, wirtschaftliche, politische und gesellschaftliche Vermögen von Familien wird mobilisiert, um "die Nase vorn zu halten" (Brown 2000: 637). Ein Indikator hierfür ist der Verlust an Unterstützung für Demokratisierungsversuche in der Bildungs- und Sozialpolitik und für progressive Experimente im Bereich Erziehung und Pädagogik bei der sog. 'neuen Mittelklasse'.

Auf der anderen Seite meinen Glennerster & Le Gran (1994), dass die Marktorientierung und deren Auswirkungen eine politische Methode darstellt, um damit die Mittelklasse an den öffentlichen Dienst zu binden und ihre Wahlstimmen zu sichern sowie die 'Zufriedenheitskultur' zu unterstützen, in dem man ihr sowohl finanzielle wie auch strategische Vorteile verschafft. Ich will jedoch nicht behaupten, dass alle Eltern der Mittelklasse so denken und wählen. Jonathon macht die wichtige Feststellung, dass "nicht alle Liberale sind, und nicht alle die moralischen Werte und politischen Bindungen gutheißen, welche die Kundenorientierung untermauern. Nichtsdestotrotz, sobald der Schulbildung durch Gesetzesänderungen ein liberaler, kundenorientierter Anstrich gegeben wird, stehen die Eltern unter Druck, im Interesse ihrer Kinder, sich so zu verhalten, als ob sie solche Werte unterstützen" (1990: 118 f.).

Freie Auswahl, Wettbewerb und Marktkräfte in der Schulbildung bringen eine Reihe neuer Werte mit sich, mit denen wir alle klarkommen müssen, die aber einigen von uns besondere Vorteilschancen bieten. Dies ist, wie es manchmal beschrieben wird, eine 'Politik der Versuchung'. So gesehen ist die freie Schulwahl sehr effektiv, allerdings nicht bei der Verminderung von Chancen-Ungleichheit in der Bildung oder bei der Leistungssteigerung, sondern bei der Verteilung von Privilegien, bei sozialer Trennung und bei der Polarisierung von Leistung. Die freie Schulwahl ist keine Bildungsreform, sondern ein politischer Kunstgriff.

Übersetzt von Katrin Bennett und Michael May

Literatur

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