Ungewisse Evidenz und lebendige Sprache
Abstract
In der Vergangenheit wurde viel über die Ungewissheiten und Kontingenzen von Praxis wie auch die an SozialarbeiterInnen gerichteten Forderungen, diese Ungewissheiten durch die explizite Verwendung von formalem Wissen zu verringern, diskutiert. Ein oft vorgeschlagener Weg, um dieses Ziel zu erreichen, ist die evidenzbasierte Praxis. Eine solche Orientierung an formalem Wissen, bei dem aus Ungewissheit Gewissheit geformt wird, lenkt von der Tatsache ab, dass sowohl Wissen als auch Routinepraktiken Professionelle häufig auch in solchen Situationen zu frühzeitigen und sicheren Beurteilungen treiben, in welchen eine Position respektvoller Ungewissheit vielleicht angemessener wäre. Um ihre Arbeit erledigen zu können, müssen Professionelle ihre Meinungen so verpacken, dass sie für andere lesbar, verständlich, ja konsumierbar werden. Sie müssen in der Lage sein, ihre Beurteilungen zu rechtfertigen, nachzuweisen und diese in einem performativen Akt durchzuführen. Das heißt, professionelle Erklärungen und Deutungen hängen von den zur Verfügung stehenden Vokabularen ab. Mit Hilfe des anthropologischen Begriffes des Tricksters als Metapher soll in diesem Aufsatz argumentiert werden, dass die Fähigkeit dazu, Sprache und allgemein akzeptierte Ideen aufzurütteln, entscheidend wichtig für kritische, reflexive Praxis sein kann.