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Revival des 5. Kinder- und Jugendhilfetags in Hamburg

Die APO tanzte, die Reaktion kreischte und der Veranstalter distanzierte sich. So endete der 4. Jugendhilfetag 1970 in Nürnberg. Dieses Ende dokumentiert die Ohnmacht der etablierten Jugendhilfe, ihr ängstliches Schielen auf die der kapitalistischen Verfassung der BRD ver­pflichteten Politiker, die über weitere Subventionen der Jugendhilfeverbände zu entscheiden haben.“ (Kurt Sprenger 1974: Sozialarbeit und der 5. DJHT. In: Informationsdienst Sozialarbeit, Heft 6. Frankfurt: 35-38)

Die Aufbruchszeit der „68er“, verbunden mit der Heimrevolte 1969, bewegte auch die Sozialarbeiter:innen. Die autoritären Strukturen in Schule, Kindergarten, Jugendzentren, aber auch in den Psychia­trien und in den Knästen sollten aufgebrochen werden – dabei wurde das eigene Handeln zum Gegenstand der Kritik gemacht. Auf dem 4. Deutschen Jugendhilfetag (DJHT) 1970 in Nürnberg präsentierte sich diese Sozialarbeiter:innenopposition als Sozialistische Aktion Jugendhilfetag zum ersten Mal. Es ging ihr darum, die repressive und individualisierende Sozialarbeit vom idealistischen bürgerlichen Kopf auf materialistische Füße zu stellen.

„Jugend und Recht“ sollte das Thema des für den 8. - 11. September 1974 in Hamburg geplanten 5. DJHT sein. Die Arbeitsgemeinschaft Jugendhilfe (AGJ) sagte diesen jedoch ab – als Antwort auf die Aktivitäten der Sozialistischen Aktion, welche die „Umfunktionierung“ und „Gefahr einer Sprengung“ des Jugendhilfetages mit sich zu bringen drohten (AGJ-Pressedienst zur Absage des 5. DJHT, 30.05. 1974). Man wollte nicht zulassen „daß mit erheblichen Steuermitteln letztlich die Selbstdarstellung von Gruppen finanziert wird, die die freiheitlich demokratische Ordnung unseres Staates bekämpfen“ (ebd.). Die Sozialistische Aktion Jugendhilfetag Hamburg sah in dieser Absage ihre Einschätzung bestärkt, „daß der Jugendhilfetag lediglich der schein-demokratischen Legitimation der Jugendpolitik der regierungs- und verbandsbürokratischen Kräfte dienen und die Loyalität der Fachbasis gegenüber dem bürgerlichen Staat sicherstellen sollte“ (Presseerklärung Sozialistische Aktion Jugendhilfetag Ham­burg, 25.5.1974).

50 Jahre später wollen wir zusammen mit Protagonist:innen der Sozialistischen Aktion, der AGJ und heutigen Aktiven die Absage des 5. DJHT zum Ausgangspunkt nehmen, um über Kontinuitäten, Konsequenzen und Schlussfolgerungen für heute ins Gespräch zu kommen. Dabei sollen u. a. folgende inhaltliche Kontroversen in den verschiedenen Arbeitsfeldern der Jugendhilfe vertieft und auf ihre Aktualität überprüft werden:

 

  • Kita: Ein Beispiel für die Vergesellschaftung von Erziehung: Von der Aufbewahrung zur sozialpädagogischen Bildung?

  • (Offene) Kinder- und Jugendarbeit: Ein Ort autonomer Weltaneignung und politischer Bildung oder von Prävention, wohlkalkulierter Freizeitgestaltung und individueller Selbstbestimmung?

  • Heimerziehung: Verlegen und Abschieben oder ein Ort der verlässlichen Kooperation und solidarischer Lebensweltorientierung?

  • Jugendhilfe: Kriminalisierung und Psychiatrisierung von Jugendlichen oder Handlungsfähigkeit in schwierigen Situationen?

  • Professionalisierung:Die Rolle der Selbstorganisation der Fachkräfte bei der Entwicklung von Widerstand und Protest 

  • Jugendhilfe insgesamt: Kompensatorische Erziehung vs. demokratische Bildung

 

Die Tagung soll mit zwei Vorträgen eröffnet werden:

  • Reinhart Wolff wird als Protagonist der Sozialistischen Aktion zu den gesellschaftspolitischen Hintergründen und den zentralen Konfliktfeldern vor 50 Jahren sprechen.

  • Sinah Mielich (AKS Hamburg) wird als Protagonistin der heutigen Sozialarbeiteropposition die aktuellen Kontroversen in der Jugendhilfe thematisieren.

 

In einer Podiumsdiskussion

mit u.a. Norbert Struck (ehem. Vorsitzender der AGJ) und Susanne Maurer (kritisch-feministische Wissenschaftlerin, Universität Marburg) sollen die in den Vorträgen dargestellten Kontroversen weiter diskutiert werden.

 

Am zweiten Tag

wird Günter Pabst (damals Sekretär des „Arbeitsfeldes Sozialarbeit“ und der Zeitschrift „Informationsdienst Sozialarbeit“ im Sozialistischen Büro) den reformistischen bis revolutionären Strömungen nachspüren. 

 

Wir laden alle Interessierten ein, dieses Vorhaben – auch mit eigenen Ideen und Vorschlägen – zu unterstützen und daran mitzuarbeiten. Anmeldungen werden ab jetzt gerne entgegengenommen! 

 

Diese Erinnerungs- und zugleich Aktions-Tagung wird am 20. und 21. September 2024 in der Universität Hamburg stattfinden.

 

Die Tagung wird im Heft 1/25 der Widersprüche dokumentiert, Fragestellungen theoretisch weiterentwickelt und Archiv-Dokumente dargestellt.

 

Der Vorbereitungskreis 5. DJHT-Revisited

E-Mail: aks-hamburg@gmx.de                                            

 

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