Privatisierung der Sozialversicherung und aktivierender Staat

Von der Riester-Rente zur Dreiklassenmedizin
Abstract

Nicht nur im Feld der Arbeitsmarktpolitik hat Rot-grün das Leitbild des aktivierenden Staates durchgesetzt. Das typische Ensemble von neoliberalen Facetten mit [strong]Umbauelementen[/strong] von Staat und Sozialversicherung, die sich gegen soziale Grundrechte und soziale Garantien richten, wurde mit der Rentenreform 2000 modellhaft in das Sozialversicherungssystem integriert. Der Systembruch der Riesterschen Rentenreformen verschafft privatwirtschaftlicher Versicherungstechnik und dem Kapitaldeckungsverfahren sehr viel Raum im Bereich der sozialen Sicherung. Die Privatisierung von sozialen Risiken wird fortgesetzt in der weiteren Aushöhlung der sozialen Krankenversicherung und des dort angesiedelten gesellschaftlichen Risikoausgleichs. Die Privatisierung der Sozialversicherungssysteme eskaliert Armut und soziale Ungleichheit. Die von den Gewerkschaften mehrheitlich favorisierten tarifvertraglichen und betrieblichen Lösungen (Tarifrente) sind keine Haltelinien, sondern vergrößern die Gerechtigkeitsprobleme. Als Alternative zu New Labour und den konservativen Plänen ist das Modell der Sozialversicherung nach wie vor attraktiv. Hinsichtlich des Schweizer Altersicherungsmodells, das vielfach als Alternative zum Sozialabbau gehandelt wird, ist aber Skepsis angebracht.