Die Kontrolle der Überflüssigen
Abstract
Zwang, Kontrolle und Sanktion sind der Sozialen Arbeit nicht fremd, denn Beides ist häufig Bestandteil der Interaktion zwischen Professionellem und Klient. Die Soziale Arbeit setzt bspw. in pädagogischen Handlungskontexten Jugendlichen deutliche Grenzen und Grenzverletzungen werden deshalb auch pädagogisch sanktioniert. Kontrolle und Sanktion sind interaktive Bestandteile pädagogischen Handelns (vor allem wenn es sich um Familien ersetzende Hilfeformen handelt), ohne dass dadurch Pädagogik schon gleich zur Schwarzen Pädagogik wird. Kontrolle und Sanktionen, wie auch weichere Formen zur Herstellung von Konformität (bspw. Drängen, Unannehmlichkeiten bereiten und Druck ), sind auch im sozialpädagogischen Umgang mit Erwachsenen präsent, um diese auf Ziele zu verpflichten oder zu normkonformen Verhaltensweisen anzuhalten. Kontrolle und Sanktion sind auch in einer dienstleistungstheoretisch begründeten und orientierten Sozialen Arbeit Mittel, wenn auch mitunter verpönte, die dem Professionellen abwägend zur Verfügung stehen, auch wenn sie nicht vom Auftraggeber seines Handelns (Gesetzgeber, Sozialverwaltung oder Anstellungsträger) vorgegeben werden. Im Rahmen der professionellen Expertise kann auch Zwang ein (beruflich anerkanntes) Mittel der Sozialen Arbeit darstellen. Die aktuelle Diskussion über die Wiederkehr des Zwanges in der Sozialen Arbeit thematisiert häufig diesen Aspekt (bspw. im Umgang mit sog. schwierigen Klienten). Unser Beitrag will herausstellen, dass im Zuge der Durchsetzung aktivierender Sozialpolitik auch der interaktive Zwang zunimmt, was aber vor allem strukturelle und systematische Gründe hat: der Sozialstaat verankert Kontrolle, Sanktion und Strafe systematisch in den Sozialgesetzen, verändert damit die Grundlagen des Sozialleistungssystems und baut so die sozialen Dienstleistungsorganisationen (bspw. Arbeitsverwaltung und ARGEn) systematisch zu Kontrollinstitutionen um. Zwang, Kontrolle und Strafe werden dadurch sozialpolitisch gewollter Bestandteil modernen Regierens.