Das Gesellschaftliche und das Unbewusste

Abstract

Der Beitrag plädiert für den Versuch, einen genuin sozialpsychologischen Zugang im Kontext gesellschaftstheoretischer Fragestellungen erneut zu stärken. Das damit verbundene analytische Potenzial, das von den Vertretern der Frankfurter Schule und einer Kritischen Theorie der Gesellschaft immer schon selbstverständlich in Dienst genommen werden konnte, bleibt heute weit gehend unausgeschöpft. Von dem Ansatz Marcuses ausgehend wird der Blick auf die Konstituierung des Unbewussten versucht. Die Aktualisierung zeigt, dass dabei nicht der ethologische, sondern vielmehr der sozialkonstruktivistische Gehalt des Konstrukts Trieb heute noch Geltung beanspruchen kann. Umso mehr kommt damit in den Blick, wie weit gesellschaftliche Verhältnisse die natürliche Konstitution von Individuen prägen, bis in die Wünsche und Präferenzen hinein. Zentral für eine sozialpsychologische Erweiterung des soziologischen Fokus‘ ist nicht zuletzt deshalb, die Analyse von Triebstrukturen mit der Analyse von Herrschaftsstrukturen zu parallelisieren. Nur dann werden sowohl der antiessentialistische wie auch der herrschaftskritische Impuls der Kritischen Theorie gleichermaßen bewahrt. Als eine Möglichkeit, hier mit neueren Theoriekonzepten anzuschließen, stellen wir die Soziologie Pierre Bourdieus in die hier dargelegte Tradition Kritischer Theorie.