"Alle Bürger sollen eine Dusche bekommen, nicht nur die, die ihre Miete bezahlen!"

Abstract

Der Beitrag von Thomas Wagner, "Alle Bürger sollen eine Dusche bekommen", schließt zwar nicht unmittelbar, jedoch zeitversetzt an wohlfahrtsstaatliche Aktivitäten der Bundesrepublik seit den 1970er Jahren an, im dem er 'Asoziale', 'Flüchtlinge' und im weitesten Sinne Displaced Person in den forschenden Blick am Beispiel der Kommune Ludwigshafen am Rhein nimmt. Wagners Perspektive ist eine doppelte. Zum einen geht es darum im Anschluss an Maurice Halbwachs - Schüler der französischen Annales-Schule - ein "kollektives Gedächtnis" methodisch zu bemühen und insofern das historische Vergessen einer Stadtgesellschaft unter Rückgriff auf eine feministische Konflikttheorie zu rekonstruieren, zum anderen den historischen Diskurs der "Ausschließung" von 'asozial' klassifizierter Klientel in drei Etappen einzuholen. Stadtbekannte "Elendsquartiere" u.a. ehemaliger "Fremdarbeiter" prägen somit den Objektbereich des Beitrags zwischen 1970 und der ersten Dekade nach der Jahrhundertwende. Das "Programm Soziale Stadt" wird hierbei ebenso diskutiert wie sozialpolitische Konzepte "im Modus der Kooperation und Dialogbereitschaft" aus den 1990er Jahren, hinterlegt in "Obdachlosenberichte". Der Wandel des kommunalen Diskurses korrespondiert, so die Analyse, mit der Krise des Sozialstaats, zugleich offenbart er die Relevanz des Vergessens und die Vernachlässigung des sozialen Erinnerns im Umgang mit wohnungslosen Menschen. Wagners Beitrag will zwei Aspekte theoretisch und systematisch miteinander verbinden: Spurensuche betreiben, zugleich "Rekuperation" befördern, mithin geistige wie physische Orte dem Vergessen entreißen, um diese für eine belastbare städtische Erinnerungskultur im Sinne Politischer Bildung fruchtbar zu machen.