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Heft 123: Einspruch! Partizipation und Rechtsansprüche in Politik, Gesellschaft und Sozialer Arbeit

2012 | Inhalt | Editorial | Abstracts

  • März 2012
  • 144 Seiten
  • EUR 15,00 / SFr
  • ISBN 3-89691-983-0
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Thomas Wagner
"Und jetzt alle mitmachen!"
in demokratie- und machttheoretischer Blick auf die Widersprüche und Voraussetzungen (politischer) Partizipation

Partizipation rückt zunehmend in den Rang eines demokratie- bzw. gesellschaftspolitischen Schlüsselthemas. Nicht zuletzt im Zuge größerer Protestbewegungen in verschiedenen Ländern während der letzten Jahre (von der arabischen Demokratiebewegung über die inzwischen in vielen Ländern aufzufindenden Proteste gegen das neoliberale politische Management der Wirtschaftskrise und die Macht des Finanzkapitals bis hin zum Wiedererstarken der Anti-AKW-Bewegung und den Demonstrationen im Kontext der Bologna-Reform oder Stuttgart 21 in Deutschland) hat die Frage nach dem Fehlen oder dem Vorhandensein von adäquaten Beteiligungsoptionen für Bürgerinnen und Bürger an politischen Planungs- und Entscheidungsverfahren an Bedeutung und (medialer) Aufmerksamkeit gewonnen. Grundsätzlich wird die Forderung nach einer Ausweitung direktdemokratischer Mitsprache- und Mitbestimmungsoptionen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft jedoch spätestens seit Ende der 1960er Jahre (auch in Verbindung mit unterschiedlichen konjunkturellen Zyklen) in den politischen Raum getragen (vgl. Vester 2011: 84); wobei diese Forderungen in Deutschland durchaus eine gewisse Responsivität erfahren haben: Insbesondere seit Anfang der 1990er Jahre haben plebiszitäre Elemente in allen Bundesländern Einzug in die Landesverfassungen gehalten und in vielen Fällen sowohl auf Landesebene als auch gerade auf kommunaler Ebene die Möglichkeit direktdemokratischer Beteiligung, z.B. in der Form von Bürgerentscheiden eröffnet (vgl. Bogumil 2004: 113f; Weixner 2006: 107ff; 122ff). Darüber hinaus sind in den letzten Jahren, wiederum vor allem auf kommunaler Ebene, eine Reihe gesetzlich nicht festgeschriebener Verfahren der Beteiligung von Bürgern an Entscheidungs-, Beratungs- und Planungsprozessen zur Anwendung gekommen, wie z.B. Heimbeiräte, "Runde Tische", Bürgerforen und -haushalte oder mediativ angelegte Schlichtungsverfahren (vgl. Olk et al 2003: XLIX; Roth 2010: 614).

Tilman Lutz
Verordnete Beteiligung im aktivierenden Staat
Bearbeitungsweisen und Deutungen von Professionellen

Wie verarbeiten Praktikerinnen und Praktiker der Sozialen Arbeit den Wandel des Sozialstaats, das aktivierungspolitische Paradigma, das sich kulturell, medial und politisch - in den Diskursen - aber auch und vor allem in den konkreten (Rahmen-)Bedingungen der Sozialen Arbeit zeigt, denen die Professionellen in ihrer täglichen Arbeit unterworfen sind? Ausgangspunkt der Ausführungen ist die qualitative Studie "Soziale Arbeit im Kontrolldiskurs" (Lutz 2010), in der die aktivierende Sozialpolitik und ihre kontrollpolitischen Implikationen für die Soziale Arbeit im Zentrum stehen und in den Dimensionen des Klientenkonzepts und des Hilfeverständnisses analysiert wurden. Diese Studie zielt darauf, den - dominierenden - Analysen auf der gesellschaftstheoretischen und programmatischen Ebene die Ver- und Bearbeitung dieses Wandels durch die in der konkreten Sozialarbeit tätigen Akteure gegenüber zu stellen. Im Folgenden werden die vorliegende Empirie und Analyse auf die Frage nach der Beteiligung der Adressat_innen fokussiert: die 'verordnete Beteiligung' als ein wesentliches Element der aktivierungspolitischen Neuprogrammierungen im Feld der Sozialen Arbeit.

Timm Kunstreich
Am Beispiel des Kita-Gutscheinsystems:
Ist ein Übergang von individueller Nachfragemacht zu kollektiver Teilhabemacht möglich?

"Zeit der Übergänge - aber wohin?" - Unter diesem Titel organisiert DAS ARGUMENT (Heft 291, 2011) eine Diskussion, deren Zielrichtung Bernd Röttger mit einem Zitat von Volker Braun markiert: "Wer vordenken will, muss über das jetzige nachdenken, die Zukunft ahnen, heißt die Gegenwart durchschauen. [...] unser Utopia ist der Realismus" (2011: 193). In den Beiträgen dieses ARGUMENT-Heftes wird zweierlei deutlich, zum einen, dass eine Alternative zum Kapitalismus etwas anderes sein muss als dessen schlichte Negation, zum anderen, dass - wenn überhaupt in Alternativen gedacht werden kann - sie jetzt, im Hier und Heute entstehen müssen. "Konzepte sozialistischer Transformation müssen 'sich im Entwurf politisch-gesellschaftlicher Übergangsstadien' konkretisieren (Haug 2007: 25). Wirkliche 'antikapitalistische Handlungsfähigkeit' entscheidet 'sich an den politischen Vermittlungen, den Übergangslosungen und den weitertreibenden Forderungen' (32)" (Röttger 2011:196). Es geht also um das "Wie" gesellschaftlicher Transformationen und darum, wer die Subjekte dieser Übergänge sind. Es geht damit um die Konkretisierung dessen, was Frigga Haug im Anschluss an Rosa Luxemburg "revolutionäre Realpolitik" und Joachim Hirsch "radikalen Reformismus" genannt haben (vergleiche die Beiträge beider im selben Heft). Obwohl diese Erkenntnis nicht neu ist, gibt es bislang nur wenige Beispiele, die "eingreifenden Charakter" haben (wie zum Beispiel der Vorschlag von Frigga Haug zur Vier-in-einem-Perspektive 2011: 241ff.).

Ulrike Urban-Stahl
Der Widerspruch wird hoffähig?!?
Ombuds- und Beschwerdestellen in der Jugendhilfe

Wenn ich Kolleginnen und Kollegen, die zur Zeit der Studentenbewegung in der Kinder- und Jugendhilfe aktiv waren, von den aktuellen Entwicklungen zu Ombuds- und Beschwerdestellen in der Jugendhilfe berichte, höre ich häufig: "Ach, das ist doch eine ganz alte Forderung von uns!" 30 Jahre lang wurde diese Forderung nach Anlaufstellen für junge Menschen und ihre Familien in Konflikten mit Fachkräften der Jugendhilfe jedoch kaum öffentlich diskutiert und nur selten in Fachbeiträgen gefordert.

Sven Steinacker
"Dass man jeden Millimeter darum kämpfen muss, Grundstandards durchzusetzen."
Ein Gespräch mit Harald Thomé über Hartz IV, Gegenwehr und Selbstorganisation

Während die Regelungen der Hartz-Gesetze für die von ihnen Betroffenen ohne Zweifel eine tagtägliche Zumutung darstellen, wird von Teilen der Öffentlichkeit ein Diskurs befeuert, in dem Erwerbslose und die Bezieher von Sozialleistungen als unproduktive "Schmarotzer" oder potenzielle Abzocker diffamiert werden. Vor dem Hintergrund solcher Denkmuster und Kontext des neoliberalen Umbaus des Sozialstaates stellt sich die Frage, wie die Möglichkeiten zu Einspruch, Gegenwehr und Widerstand der Betroffenen entwickelt, erhalten und ausgebaut werden können. Der Wuppertaler Verein Tacheles e.V. gehört seit vielen Jahren zu einer festen Größe in der Sozialhilfe- und Erwerbslosenbewegung und ist mit seinen kämpferischen Aktionen weit über den Wuppertaler Raum bekannt geworden. Neben der konkreten Beratungsarbeit für Betroffene betreibt Tacheles ein umfangreiches Internetportal zu Fragen rund um ALG II, veröffentlicht die Adressen von Selbsthilfe- und Erwerbsloseninitiativen und hat eben einen Leitfaden zu ALG II/Sozialhilfe in der 26. Auflage publiziert. Im Jahr 2006 klagte der Verein erfolgreich gegen die Bundesagentur für Arbeit und zwang die Behörde dazu, ihre internen Weisungen zum Arbeitslosengeld zu veröffentlichen. Diese und andere Aktivitäten mehr sind Grund genug, mit dem Mitgründer und Vorstandsmitglied Harald Thomé ein Interview über die Vereins- und Beratungsarbeit, die Hartz IV-Bürokratie und die Möglichkeiten der Gegenwehr sowie über die Perspektiven der Erwerbslosenbewegung zu führen. Mit ihm sprach Sven Steinacker.

Marcus Hußmann
Das handlungstheoretische Konzept der "generativen Wirksamkeit" als Beitrag zur Kompetenzentwicklung

Das handlungstheoretische Konzept der "generativen Wirksamkeit" als Beitrag zur Kompetenzentwicklung Der Kompetenzbegriff erfährt seit geraumer Zeit in unterschiedlichen Diskursen der Sozialen Arbeit vermehrt Aufmerksamkeit (ausführlich Kling-Kirchner 2010; Treptow 2011). Unter anderem standen und stehen im Zuge der Hochschulreform ("Bologna-Prozess") Fragen zur "Umstellung von der Input- zur Outputorientierung am Learning-Outcome, [sowie/MH] die Beschreibung des 'Learning-Outcome' als 'Kompetenzen'" (vgl. Clauß 2007: 333) im Mittelpunkt der Debatten. Dabei werden auch Aspekte zur Vermittlung von Handlungskompetenz sowie eine engere Verzahnung von Theorie und Praxis erneut und verstärkt diskutiert (vgl. Moch 2006: 532).

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